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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 13.
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mission davon ausging, daß, wenn der Vorgesetzte
den Untergebenen zu einer der in § 172 ange-
führten Straftaten bestimmt hat und der Unter-
gebene bis zum Versuch vorgeschritten, der Versuch
des betr. Delikts aber nicht strafbar ist, den Vor-
gesetzten die Strafe des § 172 trifft. In § 173
(§§ 211, 199 VE.), Verlust der Aemter, wurde
ausdrücklich gesagt, daß die Aberkennung der
Fähigkeit zur Ausübung eines Amtes für die im
Urteile bestimmte Zeit den Verlust der Aemter zur
Folge hat, die der Verurteilte bekleidet.
Im 7. Abschnitte: Störung auswärtiger Be-
ziehungen, §§ 174 bis 176 (§§ 123 bis 125 VE.),
traten nur geringfügige Aenderungen ein. Die Ge-
sandtenbeleidigung soll nicht nur auf Antrag
der auswärtigen Regierung, sondern auch auf Antrag
des Beleidigten verfolgt werden können, und bei An-
griffen gegen ausländische Hoheitszeichen
soll absichtliches statt böswilliges Handeln genügen.
Der 8. Abschnitt: Angriffe gegen die Staats-
gewalt, erfuhr folgende wesentliche Abänderungen
und Ergänzungen: Bei §§ 178 (§ 131 VE.), Auf-
wiegelung, und § 179 (§ 138 VE.), Staatsver-
leumdung, ging die Kommission davon aus, daß
Bestrafung nur eintreten könne, wenn die fragl.
Verordnung, Anordnung usw. rechtsgültig sei, und
daß dem Angeklagten, der sie aus Rechtsirrtum für
nicht rechtsgültig gehalten habe, die Bestimmungen
über die mildere Bestrafung bei Rechtsirrtum zu-
gute kommen sollen. Der öffentlichen Aufwiegelung
steht die durch Verbreitung von Schriften, Ab-
bildungen oder Darstellungen gleich. Behauptung
oder Verbreitung müssen öffentlich sein, also in
einer Weise geschehen, daß sie, beliebig von welchen
und wie vielen Menschen, wahrgenommen werden
können. § 180 (§ 139 VE.), Amtsanmaßung, blieb
unverändert. In § 181 Abs. 1 Z. 1 (§126 VE.),
Beamtennötigung und Widerstand, wurde
auch die Hinderung der zur Unterstützung des Be-
amten zugezogenen Person unter Strafe gestellt, in
Z. 2 die Beschränkung auf Vollstreckungsbeamte
fallen gelassen, sonach der tätliche Angriff auf Be-
amte überhaupt oder die zu ihrer Unterstützung zu-
gezogenen Personen während der Amtsausübung
mit Strafe bedroht und in Z. 3 zum Ausdruck ge-
bracht, daß nur die Mannschaften „obrigkeitlich"
bestellter Wehren geschützt sein sollen. Der Abs. 2
des § 181 (§ 126 Abs. 3 VE.) wurde dahin abge-
ändert, daß die schwerere Strafe, welche auf Gefäng-
nis nicht unter einem Monat festgesetzt wurde, Platz
greifen soll, wenn infolge der Tat eine schwere, vom
Täter voraussehbare Gefahr für Leib oder Leben
des Beamten oder einer der in Abs. 1 genannten
Personen eingetreten ist. In besonders schweren
Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu 10 Jahren.
§ 182 (§ 127 VE.), Aufruhr, blieb unverändert,
desgl. der 1. Absatz von § 183 (§126 Abs. 2, 3
VE.), während Abs. 2 entsprechend dem Abs. 2 des
§ 181 (s. o.) geändert wurde.
§ 184 (§ 128 VE.), Auflauf, erfuhr keine
wesentlichen Aenderungen; in § 185 Abs. 1 (§ 129 VE.),
Befreiung von Gefangenen, wurde die Strafe
auf 3 Jahre Gefängnis erhöht, in § 186 (§ 129
Abs.3 VE.), fahrlässiges Entweichenlassen von
Gefangenen, auf 6 Monate Gefängnis oder Geld-
strafe bis zu 1000 M.; § 187 Abs. 2 (§ 130 VE.),
Meuterei, erhielt einen Zusatz dahin, daß in be-
sonders schweren Fällen des tätlichen Angriffs oder
der Nötigung die Strafe Zuchthaus bis zu 10 Jahren
sein soll. In § 188 (Befreiung von behördlich
Verwahrten) wurde die Strafe von einem Jahre
auf zwei Jahre erhöht, um nicht eine besondere,
dem § 185 Abs. 2 ähnliche Bestimmung gegenüber
solchen Personen zu brauchen, denen die Aufsicht
über die Verwahrten anvertraut ist. In § 189
(§ 140 VE.), Verwahrungsbruch, soll neben
Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
erkannt werden können. Die §§ 190, 191 (§ 141,
142 VE.), Pfand- und Siegelbruch, blieben un-
verändert. In § 192 (§ 143 VE.), Verletzung amt-
licher Bekanntmachungen, wurde „böswillig"
durch „absichtlich" ersetzt; auch in § 193 (§ 144 VE.),
Verletzung von Hoheitszeichen, trat an die
Stelle von „böswillig“ „absichtlich“, in § 195
(§ 305 Z. 5 VE.) an Stelle von „Aufenthaltsbeschrän-
kung“ „Aufenthalts verbot“.
Im 9. Abschnitte (Friedensstörungen) wurde
zunächst in § 195 (§ 132 VE.), Auffordern und
Anerbieten, der Abs. 2 (Straflosigkeit bei frei-
willigem Rücktritt) gestrichen. § 196 (Komplott
und Bande) blieb in Abs. 1 und 2 unverändert,
Abs. 3 wurde gestrichen und an seine Stelle die Be-
stimmung gesetzt, daß der an einem Vergehen des
Abs. 1 Beteiligte nicht bestraft wird, wenn er durch
Anzeige bei der Behörde die Verhütung der Ver-
brechen ermöglicht. In § 197 (§ 131 VE.), öffent-
liche Aufforderung zu strafbaren Hand-
lungen, wurde der öffentlichen Begehung diejenige
durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder
Darstellungen gleichgestellt, die Strafe auf 3 Jahre
Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 5000 M. erhöht,
ein Antrag, die Bestimmung auch auf die Aufforde-
rung zu Uebertretungen auszudehnen, abgelehnt und
durch die Fassung: „zu einem Verbrechen öder
Vergehen“ ausgedrückt, daß die Aufforderung sich
auf ein konkretes Verbrechen oder Vergehen beziehen
muß. Bei Beratung des Abs. 2 machte sich die
Kommission dahin schlüssig, daß eine Einarbeitung
des Sprengstoffgesetzes — insbesondere des § 10
dieses Gesetzes — nicht stattfinden solle. Hiernach
bestand ein Bedürfnis zur Aufrechterhaltung des
Abs. 2 nicht mehr, um so weniger, da im Abs. 1
eine Erhöhung der Strafdrohung eingetreten ist;
Abs. 2 wurde deshalb gestrichen.
In § 198 (§ 191 VE.), Verherrlichung von
Verbrechen, soll der öffentl. Begehung diejenige
durch Verbreitung von Druckschriften, Abbildungen
oder Darstellungen gleichstehen. Unter dieser Vor-
aussetzung soll strafbar sein, wer vorsätzlich Ver-
brechen verherrlicht und dadurch die gesetzliche
Ordnung gefährdet. Die gegenüber der 1. Lesung
eingetretenen Aenderungen im Tatbestände — dort