Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 18 (1913))

15.4.2. Personalveränderungen in der preußischen Justizverwaltung

15.4.3. 80. Geburtstag von August Siegismund Schultze

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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 9.

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den 4. und Freitag, den 5. Sept. 1913, zu verlegen*
Auf der Tagesordnung stehen die Fragen: Am 4. Sept.:
Reform der Rechtsanwaltsordnung: Freizügigkeit,
Lokalisierung, Aenderung des § 5 Ziffer 5 der Rechts-
anwaltsordnung, Ehrengerichtswesen (Strafensystem, Ehren-
gerichtshof); am 5. Sept.: Die Ermittelung der Wahr-
heit im Zivilprozesse.

Personalveränderungan in der preußischen
Justizverwaltung. Der langjährige Unterstaatssekretär
Wirkl. Geh. Rat Dr. Küntzel ist in den Ruhestand ge-
treten; an seiner Stelle ist Ministerialdirektor Dr. Müg e 1
zum Unterstaatssekretär, Wirkl. Geh. Oberjustizrat Fritze
ist zum Ministerialdirektor, Geh. Oberjustizrat Greiff
zum Präsidenten des OLG. Kassel ernannt worden.
Dr. Küntzel gehörte, nachdem er verschiedene richter-
liche Stellungen in der Prov. Posen und in Berlin be-
kleidet hatte und 1881 KGR. geworden war, dem Mi-
nisterium seit 1885 als vortr. Rat an. Zugleich war er ein
eifriges und bedeutsames Mitglied der Justizprüfungskom-
mission. 1889 wurde er Geh. Oberjustizrat, 1894 Wirkl.
Geh. Ober justizrat und ziemlich gleichzeitig erst stellver-
tretender, dann Vorsitzender der Kommission für die zweite
Lesung des Entwurfs des BGB. Nach Beendigung dieser
großen und schwierigen Arbeit wurde er Präsident des OLG.
Marienwerder, verblieb jedoch im Ministerium, um die Her-
stellung der preußischen Ausführungsgesetze zu leiten. Seit
1900 verwaltete er das hohe Amt eines Unterstaatssekretärs;
nebenamtlich war er auch seit langen Jahren Vorsitzender des
Disziplinarhofes für die nichtrichterlichen Beamten und früher
schon Mitglied des Gerichtshofes zur Entsch. der Kompetenz-
konflikte. Wirkl. Geh. Rat mit dem Prädikat Exzellenz seit
1902, ist er bei seinem Ausscheiden durch Verleihung der
Brillanten zum Roten Adlerorden I. Klasse mit Eichenlaub
ausgezeichnet worden. Küntzels Name wird mit dem BGB.
unvergänglich verbunden bleiben, an dessen Schaffung und
Einführung er einen wesentlichen Anteil hatte. Ein trefflicher
Kenner des bürgerlichen Rechts, ist er auch literarisch her-
vorgetreten, insbesondere als langjähriger Mitherausgeber
von „Gruchot’s Beiträgen“. Seinen Untergebenen Jiad
Mitarbeitern bewies er stets großes Wohlwollen und eine
kollegiale Gesinnung. Seine milde und abgeklärte Lebens-
anschauung, verbunden mit einem lebhaften und heiteren
Temperament hat ihm in den weitesten Kreisen viele
Freunde erworben. Dem hochverdienten Manne, der
jetzt im 79. Lebensjahre steht und sich geistig und körper-
lich großer Rüstigkeit erfreut, werden alle, die ihn kennen
lernen durften, von Herzen einen glücklichen Lebensabend
wünschen.
Der neue UnteiStaatssekretär Dr. Mügel, der aus der
Rheinprovinz stammt, hat seine rasche Laufbahn meist im
Justizministerium zurückgelegt, in dem er schon als Assessor
mehrere Jahre beschäftigt war. Auch während seiner
späteren Stellungen als Richter, zuletzt als OLGR. in
Hamm, fungierte er vielfach als Hilfsarbeiter im Justiz-
ministerium, in dem er 1895 zum vortr. Rat, 1898 zum
Geh. Oberjustizrat und 1909 zum Wirkl. Geh. Oberjustiz-
rat mit dem Range der Räte I. Klasse ernannt wurde.
Mügel hat sich während dieser langen Zeit große Verdienste
um die Förderung der Rechtspflege Preußens erworben.
Auf dem Gebiete des Stempel- und Kostenwesens errang
er sich bald durch seinen trefflichen Kommentar, der zu den
anerkanntesten Werken der neueren Literatur gehört, die
führende Stelle als erste Autorität. Auch als Mitarbeiter
an diesen Gesetzen sowie an dem Gesetze über die Siche-
rung der Bauforderungen hat er sich sehr verdient gemacht.
Und als er im Sommer 1910, als Nachfolger von Exz. Dr.

Lucas, zum Ministerialdirektor ernannt, die Leitung der
Abteilung für Strafsachen und Gefängniswesen übernahm*
hat er sich auch in diese Materie schnell und sicher ein-
gearbeitet. Wenn er jetzt dieses Amt mit dem umfassen-
deren und verantwortungsvolleren des Unterstaatssekretärs
vertauscht, so darf mit Zuversicht vorausgesagt werden, daß
er vermöge einer großen Sachkunde auf allen Gebieten der
Justizverwaltung und Gesetzgebung im Verein mit einem
durch große persönliche Liebenswürdigkeit si'h auszeich-
nenden Wesen die auf ihn gesetzten Erwartungen als Unter-
staatssekretär in vollem Maße rechtfertigen wird. Er sowohl
wie sein Amtsvorgänger haben wegen ihrer wissenschaft-
lichen Verdienste den Doktortitel hon. causa erhalten.
Der neue Ministerialdirektor Fritze ist Gerichts-
assessor mit dem Dienstalter v. 12. Septbr. 1887; er wurde
ebenfalls schon als solcher mehrere Jahre hindurch im
Justizministerium beschäftigt und auch, nachdem er 1892
AR. in Kassel und später LR. und LGR. in Berlin ge-
worden war, vielfach und lange in diesem Ministerium als
Hilfsarbeiter verwendet. Im Jahre 1898 erfolgte seine Er-
nennung zum vortr. Rat, 1902 die zum Geh. Oberjustizrat
und 1913 die zum Wirkl. Geh. Oberjustizrat. Fritze hat
von jeher seine Kraft hauptsächlich den eigentlichen Justiz-
verwaltungssachen zugewendet; er ist ein hervorragender
Kenner des Justizhaushaltes und hat auf diesem Gebiete
auch eine ausgezeichnete Schrift „Prozeßvertretung des
Fiskus in Preußen und im Reich“ (2. Aufl. gemeinsam mit
Georg Werner 1910) veröffentlicht. Im preuß. Landtage
ist er als Regierungskommissar der Justizverwaltung wieder-
holt und mit bestem Erfolge hervorgetreten. Auch alle
anderen Geschäfte des Justizministeriums sind ihm bei
seiner Vielseitigkeit und der reichen Erfahrung, die er an
der Zentralstelle hat sammeln können, vertraut. Welches
Feld der Tätigkeit ihm auch endgültig zugewiesen werden
wird — die Besetzung der durch den Staatshaushalt vor-
gesehenen neuen dritten Direktorstelle und damit eine aber-
malige Personalveränderung im Justizministerium dürfte un-
mittelbar bevorstehen —, in jedem Falle darf auch diese
Ernennung als eine glückliche bezeichnet werden.
An Stelle des im Januar verstorbenen Präsidenten
von Hassell wurde der yortr. Rat im Justizministerium,
Geh. Oberjustizrat Greiff unter Verleihung des Charakters
als Wirkl. Geh. Oberjustizrat mit dem Range der Räte
I. Klasse zum Oberlandesgerichtspräsidenten in Kassel er-
nannt. Im Jahre 1887 GerichtsAss., wurde ex 1893 AR.
in Berlin I, 1896 in Fürstenwalde, 1898 AGR. und 1899
als Geh. JR. und vortr. Rat in das Justizministerium be-
rufen, dem er als Hilfsarbeiter schon vorher angehört hatte.
Greiffs Tätigkeit liegt auf dem Gebiete des bürgerlichen
Rechts; er gilt als ein ungewöhnlich scharfsinniger und
tüchtiger Jurist. Sein Referat im Ministerium betraf eben-
falls hauptsächlich die verschiedensten Materien des bürger-
lichen Rechts. Weiten Kreisen ist Greiff, der bereits der
Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des BGB.
als Schriftführer angehört und bei der Ausarbeitung der
preußischen Aus- und Einführungsgesetze zum BGB. wesent-
lich mitgewirkt hat, durch seine Mitarbeit am großen
Planckschen Kommentar zum BGB. bekannt geworden, für
welchen er schon in der ersten Auflage einen erheblichen
Teil bearbeitet hat, und zu dessen Mitarbeitern er auch für
die bevorstehende vierte Auflage gehört. Daneben gibt er
die bekannte Achilles-Greiffsche Textausgabe zum BGB.
heraus, die bereits in sieben Auflagen vorliegt.

Prof. Dr. August Siegismund Schultze, welcher am
28. April sein 8o. Lebensjahr vollendet hat, war einer
der Gründer der Straßburger Universität und gehörte ihr

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