Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 18 (1913))

10.4.2. Süddeutsche Gesellschaft für staatswissenschaftliche Fortbildung

10.4.3. Personalien

10.5. Neue Gesetze, Verordnungen und dergl. des Reichs und der Einzelstaaten

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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 4.

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nachdem auf die zu befürchtende Belastung mit nutzloser
Schreibarbeit hingewiesen war, den Antrag an. Die Re-
gierung hält mit Recht ihr Ausschreiben, das man nach Bedarf
zeitweise in Erinnerung bringen könnte, für ausreichend.
Weiter wurde beantragt, die Regierung möge darauf
hinwirken, daß reichsgesetzlich den Zivil- und Strafgerichten
vorgeschrieben werde, jedem Urteil oder Beschluß am
Ende eine sog. Rechtsmittel-Belehrung beizufügen,
und daß landesgesetzlich (z. B. für Feld- und Forststraf-
recht) das gleiche bestimmt werde. Der Ausschuß er-
achtet zwar die Maßnahme als ratsam, hält aber den An-
trag, ebenso wie die Regierung, im Hinblick auf die
kommende Prozeßreform zurzeit für aussichtslos. Das
Plenum überwies das Material der Regierung zur Berück-
sichtigung. Aber auch de lege ferenda geht der Antrag
weit über das Bedürfnis hinaus (vgl. dazu die Polemik
zum Antrag Bassermann-Schiffer in DRZ. Bd. I 191;
IV 930; V 68). Im Anwaltsprozeß und bei fristlosen
Rechtsmitteln ist jene Maßregel überflüssig. In allen
anderen Rechtssachen sind die Parteien erfahrungsgemäß
rasch mit ihren Beschwerden bei der Hand, die sie dem
Protokoll des Gerichtsschreibers oder durch eigenhän-
dige Schriftsätze dem Gericht direkt anvertrauen. Hier
empfangen sie stets die nötige Belehrung (vgl. § 342 StPO.,
§ 569 ZPO., § 11 GFG.), wie ja überhaupt die Gerichts-
praxis sich die Aufklärung und Unterstützung unerfahrener
Beteiligter angelegen sein läßt. Daneben gilt aber der
Satz: vigilantibus jura sunt scripta. Querulanten zu
erziehen — wie dies durch fortwährende Rechtsmittel-
Belehrung der verlangten Art gefördert würde —, ist weder
des erkennenden Richters noch des Gesetzgebers Aufgabe.
Endlich — gleich dem Mädchen aus der Fremde —
tritt das Ersuchen an die Regierung auf, eine Revision
des Reichsgesetzes v. 14. Juli 1904, betr. Entschädigung
für unschuldig erlittene Straf- und Unter-
suchungshaft, anzuregen und ein Landesgesetz vorzu-
legen, um auch die durch Verfügung des Staatsanwalts
(nicht des Gerichts) als unschuldig entlassenen Unter-
suchungsgefangenen aus Staatsmitteln zu entschädigen. Be-
reits drei Landtage haben sich mit ähnlichen Anträgen
befaßt. Im Jahre 1909 hatte die Regierung erklärt, das
Reichsjustizamt sei in die Erörterung einer Revision der
Gesetze v. 20. Mai 1898 und 14. Juli 1904 bereits ein-
getreten, und es werde beabsichtigt, die Entschädigungs-
frage ihrem ganzen Umfang nach reichsgesetzlich zu regeln;
für den zweiten Teil des obigen Antrags sei die Landes-
gesetzgebung überhaupt nicht zuständig. Auch sachlich
ständen diesem Teil des Antrags nach der Auffassung der
Landesjustizverwaltung ernste Bedenken entgegen. Hessen
habe übrigens Mittel bereitgestellt, um auch solchen Per-
sonen, die der Staatsanwalt im Vorverfahren wieder in
Freiheit setze, Entschädigung zu gewähren. Ausschuß und
Plenum der II. Kammer billigten damals das Ersuchen
an die Regierung in seiner doppelten Richtung, wogegen
die I. Kammer nur der ersten Hälfte des Antrags beitrat
und dessen zweiten Teil als erledigt erklärte. Zum jetzigen
Antrag hat die Justizverwaltung ergänzend bemerkt, daß das
Reichsjustizamt neuerdings erklärt habe, es werde bei Wieder-
aufnahme der Reform z. StrPO. den Gedanken eines Aus-
baues des Gesetzes v. 14. Juli 1904 in bezug auf das Vor-
verfahren nicht ablehnen. Ausschuß und Plenum der II.Kammer
haben den Standpunkt von 1909 beibehalten. Daß die Reichs-
justizverwaltung an die nicht allzu dringliche Reform solcher
Spezialgesetze herangehen werde ohne eine gleichzeitige
Reform des Strafprozeßrechts, ist nicht zu vermuten.
Der Ausschuß der I. Kammer ist den Beschlüssen der
II. Kammer inzwischen teils beigetreten, teils beharrte er
auf seinem früheren Standpunkt, und seine Beschlüsse

werden demnächst voraussichtlich die Billigung des Plenums
finden, womit auch diese Dinge wieder einmal ihre Er-
ledigung gefunden haben werden.
Senatspräsident Dr. Keller, Darmstadt.

Die Süddeutsche Gesellschaft für staats-
wissenschaftliche Fortbildung in Mannheim wird ihren
neuen Kurs vom 26. Febr. bis 12. März 1913 in Stutt-
gart abhalten. Aus den Vorlesungen heben wir u. a. hervor:
Prof. Fl ein er, Die römische Kurie; Prof. Fuchs,
Fragen des Wohnungswesens; Priv.-Doz. Schönborn,
Wahlrechtssysteme; Gemeinderat Dollinger, Sparkassen-
wesen; Reg.-Rat Schäffer, Neuordnung des Kranken-
kassenwesens ; Oberamtmann Schall, Das Verfahrensrecht
der Reichsversicherungsordnung; Prof. Altmann, Be-
ziehungen zwischen Reichs- und Landesfinanzen; Prof.
Gothein, Industriekartelle. Daran schließen sich Besichti-
gungen in Heilbronn, Stuttgart und München und eine
Studienreise vom 7. bis 24. Mai nach dem Rheinland.

Personalien. Staatsrat i. o. D., Mininisterialdirektor
im bayer. Justizministerium von Treutlein-Mördes,
München, ist das Prädikat Exzellenz verliehen, Wir kl. Geh. Rat
von Braunbehrens, Berlin, ist aus Anlaß seines 80. Ge-
burtstages (S. 221 d. Bl.) von der jurist. Fakultät der Berliner
Universität zum Ehrendoktor, Vortr. Rat im preuß. Justiz-
ministerium, Geh. Ober justizrat Fritze, Berlin, ist zum Wir kl.
Geh. Oberjustizrat, Priv.-Doz. Dr. Delaquis, Berlin, zum
Professor ernannt worden. — Prof. Dr. Nagler, Basel, folgt
dem Rufe als Nachfolger von Geh. Hofrat, Prof. Dr. Richard
Schmidt nach Freiburg i. B., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr.
Wolf, Breslau, einem solchen als Nachfolger des an dieUniv.
Berlin übersiedelnden Prof. Her kn er für Nationalökonomie an
die Technische Hochschule Charlotten bürg. — Senatspräs. b.
RG. a. D. Dr. Hocheder, München, ist im Alter von 88 Jahren,
der ord. Prof, der Staatswissenschaften Dr. von Heckei,
Münster, der eine große Reihe ausgezeichneter Arbeiten
hinterlassen hat, im Alter von 48 Jahren gestorben.

Neue Gesetze, Verordnungen u. dgl.
Die in []-Klammern in Kursivschrift beigefügten Daten bezeichnen
den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetze usw.
Deutsches Reich: Rkzlr.-Bk. v. 10. 1. 1913, bt.
Bestimmungen z. Ausführ. d. Ges. ü. d. Absatz v.
Kalisalzen (R.-G.-Bl. S. 15). — Rkzlr.-Bk. v. 11. 1.
1913, bt. UebergangsbeStimmungen z. RVO. (S. 16).
— Vo. v. 23. 12. 1912, bt. d. Anwendung d. Vorschr.
d. preuß. Ges. ü. d. Waffengebrauch d. Militärs v.
20. 3. 1837 auf d. Schutztruppe f. Südwestafrika
[2. 3. 1913] (S. 17). - Rkzlr.-Bk. v. 11. 1. 1913, bt. d.
Vollzug d. §§ 3, 200 d. Versicherungsges. f. An-
gestellte (S. 18). - Allerhö. Erlaß v. 13. 1. 1913, bt.
Rang d. Ober-Posträte (S. 19). — Rkzlr.-Bk. v. 11. 1.
1913, bt. Ausf. d. § 392 VersichGes. f. Angestellte
(S. 19). — Abkommen zw. d. D. R. u. Belgien ü. Un-
fallvers. v. 6. 7. 1912 u. Rkzlr.-Bk. v. 15. 1. 1913, bt.
Ratifikation d. Abk. [1. 2. 1913] (S. 23).
Preußen: Vo. v. 15 1.1913, bt. Reisekosten d. Vete-
rinärbeamten [1.2,1913] (Ges.-S. S. 15). — Allerh. Erlaß
v. 15. 1. 1913, bt. Rang d. Veterinärbeamten (S. 16).
Bayern: M.-Bk. v. 13. 1.1913, bt. Abänd. d. Rhein-
schiff ahrts-PolizeiO. u. M.-Bk. v. 13. 1. 1913, bt. Ord-
nung f. Untersuchung d. Rheinschiffe [1.4.1913] (G.-
u. Vo.-Bl. S. 5, 40). - M.-Bk. v. 16. 1. 1913, d. Haus-
gesetz d. Fstl. Gesamthauses Hohenlohe bt. (S. 51).
Württemberg: M.-Vf. v. 4.1.1913, bt.Aen der. d. Wü r 11.
Postordnung v. 21. 5. 1900 [13. 1. 1913] (Reg.-Bl. S. 1).
Baden: Vo. v. 31. 12. 1912, d. Vollzug d. Ge-
bäudeversicherungsgesetzes bt. [1. 1. 1913] (G.-u.
Vo.-Bl. S. 1). - Vo. v. 13. 1. 1913, d. Abänd. d.
Landesbauordnung bt. [18.1.1913] (S. 61).
Hessen: M.-Bk. v. 21. 12. 1912, d. Rheinschiff-
fahrts-PolizeiO. bt. [1. 4.1913] (Reg.-Bl. S. 5). - M.-Bk.
v. 15. 1. 1913, d. Ausführ. d. Fischereiges. bt. (S. 37).

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