Full text: Deutsche Juristen-Zeitung (Jg. 18 (1913))

9.6. Sprechsaal

9.6.1. Strafrechtliche Beurteilung des Falls Wetterlé

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XVIII. Jahrg. Deutsche Juristen-Zeitung. 1913 Nr. 3.

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Baden: M.-Vo. v. 31. 12. 1912, d. Vollzug d. RVO.
hinsichtl. d. Versicherungsbehörden u. d. Unfall-
versicherung bt. [1.1.1913] (G.- u. Vo.-Bl. f. 1912 8.479).
Hessen: M.-Bk. v. 30. 11. 1912, d. Ausführ. d.
3. Buche s d. RVO. bt. [1.1.1913] (Reg.-Bl. f. 1912 S. 523).
- Vo. v. 4. 12. 1912 u. M.-Bk. v. 5. 12. 1912 d. staatl.
Bau-Unfallversicherung bt. [24. 12. 1912] (S. 525).
— M.-Bk. v. 6. 12. 1912, d. Organisation d. Unfall-
versicherung bt. [1. 1. 1913] (S. 528). - Ges. v. 21.12.
1912, d. Ausführ. d. landwirtschaftl. Unfallver-
sicherung bt. [31. 12. 1912] (S. 535).
Mecklenburg-Schwerin: Vo. v. 2. 12. 1912, bt. d.
Mitwirk. d. Amtsausschüsse u. d. Amtsversamml.
im Do manium b. d. Durchführung d. RVO. (Reg.-Bl.
f. 1912 S, 553). —• Ausführ.-Best. v. 21. 12. 1912 z.
RVO., bt. d. nichtberufsgenossenschaftl. Unfall-
versicherung [1. 1. 1913] (S. 567). — Kloster-
Gemeindeordnung v. 21. 12. 1912 [wird noch bestimmt]
(S. 571). — Vo. v. 21. 12. 1912, bt. d. Verschuldbarkeit
d. Erbpachthufen in d. Gütern d. Landesklöster (S. 586).
Sachsen-Weimar: Hö. Vo. v. 12. 12. 1912, bt. d.
Aufsicht ü. Familienfideikommisse u. Familien-
stiftungen [1. 1. 1913] (Reg - Bl. f. 1912 S. 815). -
M.-Vo. v. 9. 12. 1912 ü. d. Wagen u. Gewichte in d.
Apotheken [1. 4. 1913] (S. 817).
Braunschweig: Ges. v. 9. 1. 1913 ü. d. Umher-
ziehen v. Zigeunern [17. 1. 1913] (G.- u. Vo.-S. S. 15).
Schwarzburg-Sondershausen: Ausf.-Vo. v. 30. 12.
1912 z. Körgesetze [1. 1. 1913] (Ges.-8. f. 1912 8. 879).
Waldeck: Ges. v. 16. 12. 1912, bt. d. Vermeidung
von Doppelbesteuerungen bei Heranziehung zu
direkten Kommunalsteuern in verschied. Bundesstaaten d.
D. R. (Reg.-Bl. f. 1912 8. 201). - Ges. v. 14. 12. 1912,
bt. d. Einführ. d. preuß. Ges., bt. d. Losgesellschaften,
d. Veräußerung v. Inhaberpapieren m. Prämien u.
d. Handel m. Lotterielosen v. 19. 7. 1911 [7. 1. 1913]
(Reg.-Bl. 8. 1). — Kirchenges. v. 30. 12. 1912, bt. Abänd.
d. Kirchenges. d. Diensteinkommen d. Geistlichen
bt. i. d. Fass. v. 2. 8. 1910 [1. 1. 1913] (8. 7). — Kirchen-
ges. v. 30. 12. 1912, bt. Abänd. d. Kirchenges. d.
Pensionierung d. Pfarrer, die Adjunktur u. d. Vikariat
bt. i. d. Fass. v. 2. 8. 1910 [14. 1. 1913] (8. 8). - Kirchen-
. ges. v. 30. 12. 1912, bt. d. Staatsdienerwitwenkasse
[14. 1. 1913] (S. 9). — Kirchenges. v. 30. 12. 1912, d.
Kirchengemeinderat bt. [14 1. 1913] (8. 10).
Lübeck: 6. Nachtr. v. 14. 12. 1912 z. Ausführungs-
ges. z. Grundbuchordnung v. 18. 12. 1899 (8ml. d.
G. f. 1912 8. 106).
Elsaß-Lothringen: M.-Anweis. v. 24. 12. 1912 z.
Ausführung d. Sparkassenges, v. 23. 8. 1912 [4. 1.
1913] (Z.- u. Bez.-Amtsbl. 8. 1). — Vo. v. 2. 1. 1913 bt.
Abänd. d. Vo. v. 15. 12. 1909 ü. d. Erfordernisse z.
Anstellung als Gerichtsschreiber u. Gerichtsvoll-
zieher in Els.-Lothr. (Ges.-Bl. 8. 1). — Vo. v. 2. 1. 1913,
bt. d. Inkraftsetzung einer neuen Rheinschiffahrts-
Polizei Ordnung zum 1.4. 1913 (Z.- u. Bez.-Amtsbl. 8.41).

Sprechsaal.
Strafrechtliche Beurteilung des Falls Wetterle.
Laut Mitteilungen der Presse hat Wetterle, der elsaß-
lothringischer Angehöriger des Deutschen Reichs ist, in
Frankreich an verschiedenen Orten öffentliche Vorträge
über Elsaß-Lothringen gehalten und in diesen erklärt:
„Weder das Schwert des Siegers, noch die Feder des
Diplomaten können ein Volk unterdrücken", woran der
Franzose, der den Vorsitz in der Versammlung führte, die
Bemerkung anknüpfte, es gebe Brüder zurückzuerobern,
deren man sich ebenso erinnern müsse, wie diese stets an
Frankreich dächten. Weiterhin protestierte Wetterle
gegen den Anspruch Deutschlands, daß die eisaß-lothrin-
gische Frage durch den Frankfurter Frieden ein für alle
Mal beantwortet sei, versicherte, die junge Generation
von Elsaß-Lothringen zeige gegen^die deutsche Zivilisation

mehr Abscheu, als die alte, und schloß die Vorträge mit
dem abgebrochenen Satze: „Unsere Sache ist gut und wird
siegen, wenn".
Trotz der vorsichtigen Verhüllung ist der Sinn dieser
Aeußerungen völlig klar. Ist deren Wortlaut richtig mit-
geteilt, so fordert Wetterle zunächst die Franzosen auf,
einen neuen Krieg gegen Deutschland zu beginnen zum
Zwecke der Zurückeroberung des an Deutschland durch
den Frankfurter Frieden abgetretenen Elsaß - Lothringen.
Wenn er dann als Elsaß-Lothringer von „unserer Sache"
spricht, die „gut sei", kann in diesem Zusammenhang
das Gute, was er und seine Genossen zu ihrer Sache
gemacht hätten, nur die Losreißung Elsaß - Lothringens
von Deutschland und die nicht ausgesprochene Bedin-
gung, [unter welcher diese gute Sache siegen werde, nur
die sein, daß Frankreich seiner Aufforderung gemäß
den Krieg gegen Deutschland eröffne. Indem Wetterle
seinen Vortrag auf die Erklärung auslaufen läßt, daß, wenn
Frankreich dies tue, seine und seiner Genossen Sache siegen
werde, so enthüllt er damit nicht nur als den Siegespreis,
um den er und seine Genossen kämpfen, die Lostrennung
. Elsaß-Lothringens von Deutschland, sondern erklärt auch
zugleich, daß er und seine Genossen, sobald die Franzosen
den Krieg begönnen, mitarbeiten würden, um die Los-
reißung Elsaß-Lothringens, die sie zu ihrer Sache gemacht
hätten, zu erreichen. Von dem Sieg ihrer Sache kann
doch nur die Rede sein, wenn sie für die Sache gekämpft
haben. Wetterle will offenbar die Franzosen dadurch zum
Beginn eines neuen Krieges gegen Deutschland mit dem
Ziele einer Lostrennung Elsaß-Lothringens von Deutsch-
land aufreizen und ermutigen, daß er ihnen sein und seiner
Genossen Mitkämpfen zu diesem Ziele zusichert. Aller-
dings denkt er dabei schwerlich an einen von ihm und
seinen Genossen mit den Waffen zu führenden Kampf,
sondern an eine kräftige Agitation im Lande für die Los-
reißung von Deutschland. Daß der Schluß des Vortrags
so zu verstehen war und auch so verstanden worden ist,
ergibt sich aus dem allgemeinen Beifall, den die Schluß-
erklärung in den französischen Versammlungen fand und aus
der klugen Vorsicht, mit der Wetterle auf den Rat seiner
Freunde die Wiederholung seiner Vorträge an weiteren
Orten einem Franzosen übertrug, dem er sein Manuskript
aushändigte.
Was nun die strafgesetzlichen Bestimmungen betrifft,
welche für eine Strafverfolgung des Wetterle in Betracht
kämen, so ist zwar ein Unternehmen, vom Deutschen Reich
einen Teil loszureißen, gemäß § 81 Nr. 3 Hochverrat und der-
jenige, der öffentlich vor einer Menschenmenge zur Ausführung
einer als Hochverrat strafbaren Handlung auffordert, aus § 85
mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren oder Festungshaft von
gleicher Dauer zu bestrafen. Es ließe sich auch vielleicht
die Bestimmung des § 4 Nr. 1 StrGB., wonach im Ausland
gegen das Deutsche Reich begangene hochverräterische
Handlungen nach den deutschen Strafgesetzen verfolgt
werden können, auf Aufforderungen zu solchen er-
strecken. Allein die Aufforderung muß sich auf eine be-
stimmte hochverräterische Handlung beziehen. Eine
allgemeine Aufforderung und Aufreizung der Franzosen zum
demnächstigen Beginn eines Krieges behufs Losreißung
eines Teils vom Deutschen Reich, ohne daß ein bestimmtes
Unternehmen geplant ist, fällt nicht unter die Strafbe-
stimmung des § 85.
Eher könnte man den § 49 a Abs.. 2 StrGB., welcher
denjenigen, der sich schriftlich zur Begehung eines Ver-
brechens erbietet, mit Gefängnis bestraft, gegen Wetterle
anwenden, vorausgesetzt daß in das Manuskript, das
er einem Franzosen zur Weiterhaltung der Vorträge
übergeben hat, die voraufgeführte Schlußbemerkung mit

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