Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 26 (1905))

Nochmals Grundherr&chaft und Immunität.

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wird dadurch dem in Seeligers Buche nicht Bewanderten der Anschein
erweckt, als hätte Seeliger dort zugegeben, daß in einigen Privilegien
die volle Exemtion zugunsten der Immunität formell zugestanden
sei. Dem ist aber nicht so. Die Stelle auf 8.106, auf die er sich
beruft1), lautet nämlich: „Nur ausnahmsweise ist Exemtion von der
Grafengewalt und direkte Unterordnung des Stifts unter
dem Herzog des Landes verbrieft worden“ *) (folgen zwei Beispiele).
Also hier ist ein Verhältnis berührt, das gerade das Gegenteil von
Stärkung der Immunitätsgewalt bedeutet: ich habe ja (Aufs. 317)
darauf hingewiesen, daß in solchen Fällen, wo der Herzog an die Stelle
des Grafen tritt, „eine gewisse Einschränkung der Immunität“ erfolgt.
9. Es war nur von literarhistorischem Interesse, mußte aber doch
ausgesprochen werden (s. meinen Aufs. 300),*) daß Seeliger — seine
Würdigung des seit dem 9. Jahrhundert in die Immunität eingezogenen
öffentlich-rechtlichen Charakters in allen Ehren — seinen Anteil an der
Auffindung und Bewertung dieses Momentes doch zu hoch eingeschätzt
hat. Seine Verteidigung (Seel. Aufs. 338 f.) gegen diese Feststellung operiert
wieder mit dem schwer faßbaren Begriff der herrschenden Meinung. Aber
wenn er zugibt, daß den „Gedanken von der öffentlichen Natur der durch
die Immunität entstandenen Gerichtsbarkeit ..., dem wir schon bei
Eichhorn begegnen, . . . durchaus bestimmt Waitz ausgesprochen hat“,
daß er „auch bei anderen, so bei Heusler“ auftritt, — haben wir nicht da
gerade herrschende Meinung ? Gehören doch zu den Büchern, die noch
heute wohl ein jeder, der sich über Immunität ein wenig eingehender
unterrichten will, in die Hand nimmt, mit in erster Linie Waitz und
Heusler. Amiras Grundriß nennt Seeliger selbst. Aber geht es an, bei
Brunner nur von „wertvollen Anregungen“ zu sprechen, während doch
in seinem Abschnitte über die Vogtei das öffentlich-rechtliche Moment
zwar nur kurz und bündig aber mit aller Klarheit hervorgehoben ist
(siehe D. Rechtsgesch. II, 310 f.). Und wo bleibt hier die — wie meine
Arbeit besonders betonte — auf diesem Moment „geradezu aufgebaute“
Arbeit v. Wickedes, die es nicht nur nebenher, sondern ex professo
berücksichtigt?
10. Endlich möchte ich auf Seeligers neueste Definition des Hof-
rechts (a. a. O. 358 ff.) kurz eingehen. Er hat hier seine „1903 aus-

1) Der Satz: „die Immunität liat keineswegs allgemein aus dem
Verband der Grafschaft hinausgeführt“ kann selbstverständlich nicht gemeint
sein; denn „allgemein“ bedeutet hier nicht „in allen Immunitätsherrschaften“
sondern „in allen Rechtsfällen“, wie der folgende Satz ergibt. — *) Wie
Seeliger a. a. O. zu seiner Vermutung gekommen ist: „Ist es vielleicht diese
Bemerkung, die Stengel — ihm folgten Stutz und Rietschel — zu dem
Mißverständnis veranlaßt haben, daß von mir die Hochgerichtsbarkeit in
den Bischofsstädten seitens der geistlichen Gewalt als seltene Ausnahme
gelten müsse?“ das ist mir gänzlich unverständlich, abgesehen davon, daß
dies „Mißverständnis“ ein Mißverständnis Seeligers ist (vgl. oben unter 7).
— *) Genau so auch von A. Dopsch in seiner Rezension des Seeligerschen
Buches (Mitteil. d. Instit. f. österr. Geschichtsforsch. XXVI, 347).

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