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Dr. Victor Friese,
ausführlicheren Darstellung des c. 66 des ersten Teils de»
Posener Kodex, das bis auf eine unten angegebene Ab-
weichung der dist. 1 in 116 der Magdeburger Fragen ent-
spricht. Es lautet:
Ab man eyde dirlassen mag durch got
ane den richter.
Auch ah eyn man beclaget wirt umme eynen totslag,
wunden, blutrunst, umme missehandelunge, umb gelt adir
was sache das sy, dorumb eide vorheiszen werden vor ge-
richte zcu thun, unde der cleger den beclageten man durch
got adir umb bethe wille guter lute ledig lisze der eyde
und der sache, dovor her sweren sulde, ab * l) no der clegir
ader uff den geclagit was, deme richter wetten sulle mit
rechte.
Hiruff sprechen wir [scheppen zcu Magdeburg]2 *) recht:
Wil eyn cleger eyde durch got adir durch bethe wille erbar
luthe dirloszen, so geczemet dem richter wol, das her synen
willen dorczu gebe. Wil her abir synen willen dorczu nicht
gebin, so musz der cleger dy eide nemen, adir her wirt
hegen deme richter wettehaft VIII Schillinge unde nicht
mer. V. r. w.8)
Der Erlaß des [Unschuld-] Eides durch den Kläger legt
darnach dem Richter die moralische Pflicht auf (geczemet),
sich damit einverstanden zu erklären. Tut er dies, so brauchen
nach Weichbild cap. 954 * *) keine Eidpfennige gegeben zu
werden, die die versio latina dazu übersetzt als die iudicis
*) Der Schluß lautet in den Magdeburger Fragen: ab das gesyn
möge an willen des richters. — *) Die eingeklammerten Worte stehen
nur in den Magdeburger Fragen. — *) Ein anderer Tatbestand, der
aber mit dem hier vorliegenden ebenfalls die nachträgliche Einigung
der Parteien gemeinsam hat, und dessen Entscheidung zum Teil mit
denselben Worten erfolgt, ist in dem Magdeburger Rechtsbrief för Halle
von 1864 § 9 zu finden. — 4) Das 61ogauer Rechtsbuch von 1304 soll'
nachWasserschlebens Abdruck („Sammlung deutscher Rechtsquellen“
I. Bd, Gießen 1860) in cap. 323 das Gegenteil bestimmen: „Eyde
phennynge man leysten sal, weren dy eyde mit des richters willen
gelossen...“ Das folgende ist zweifellos korrumpiert und nicht recht
verständlich. Aber man wird auch für man nieman lesen müssen, so
daß der Inhalt mit dem Weichbild übereinstimmt. Das hat Planck
a. a. 0. II 8. 325 übersehen.