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Dr. Victor Friese,
Man könnte nun noch einwerfen, die von Bernhard an-
gezogene Stelle passe gar nicht zu der Bestimmung über
die maior questio, da hier ja von der 30 Schilling-"Wette
die Rede sei, während dort dem Richter nur 8 Schillinge
zugesprochen würden. Aber auch dieser Einwand läßt sich be-
seitigen. Wie die kleine 8 Schilling-Wette des Magdeburger
Rechts in Schlesien eine Herabsetzung auf die Hälfte erfuhr,
so mußte sich bald anscheinend auch das summum vadium,
die 30 Schilling-Wette eine weitere Reduktion gefallen
lassen. Dies kann man z. B. aus der Rechtsmitteilung vom
24. Juni 1327 entnehmen, die die Stadt Oppeln von Neumarkt
erhielt, der dann am 6. Juli 1327 vom Herzog Bolko von
Schlesien das Neumarkter Recht bestätigt wurde.1)
Dies Neumarkt-Oppelner Recht weicht von dem Halle-
schen Recht, das im Jahre 1235 nach Neumarkt gelangt
war, in wesentlichen Punkten ab, insbesondere auch bezüg-
lich der Gewettesätze, von denen es im § 5 heißt:
Item si aliquis nostrorum civium vel quicunque poenam
inciderit triginta solidorum, pro hac dat advocatis tres fer-
tones, si non levius obtinere potuerit, nec ultra quicquam;
si vero aliquis poenam quottidianam vel minorem inciderit,
hanc cum quatuor solidis denariorum emendat.
Stobbe a. a. 0. 8. 413 erklärt diesen Satz dahin: wer
früher in die Strafe von 30 Schillingen (das höchste Gewette
nach Neumarkter Recht) verfallen sei, solle jetzt statt ihrer
nur tres fertones, d. h. drei Vierdunge einer Mark zu
20 Schillingen, also 15 Schillinge zahlen, wenn er nicht noch
billiger davonkommen (levius obtinere) könne, während die
kleinere regelmäßig zu zahlende Wette mit dem treffenden
Namen poena quottidiana in der in Neumarkt üblichen Höhe
von 4 Schillingen aufrechterhalten werde. Da es sich zweifel-
los hier um das vadium summum und minus, die poena
maior und minor handelt, so weiß ich eine bessere Erklärung
nicht.
Die in dieser Rechtsmitteilung schon in Betracht ge-
zogene weitere Herabminderung des höheren Gewettes scheint
*) Stobbe , Rechtsmitteilung von Neumarkt nach Oppeln“ in der
Zeitschr. för Rechtsgeschichte I 8. 403 ff.