Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 26 (1905))

Zur Gründungsurkunde von Posen (1253).

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nach der Gründungsurkunde §§ 9. 10 — sowohl in den drei
großen Dingen, als auch in den regelmäßigen Vierzehntags-
dingen derYogt zu Gericht sitzen, der, je nachdem der
Wettefall in diesen oder jenen eintritt, von dem im Gericht
wetthaft Gesprochenen 8 oder 4 Schillinge zu verlangen hat.
Das waren also die regelmäßigen Gewettesätze, die daher
auch im § 10 zuerst erwähnt und in den Vordergrund ge-
stellt werden. Dahinter finden dann die außerordentlichen
Wettesummen ihren Platz, die entweder die gewöhnlichen
übersteigen oder hinter ihnen Zurückbleiben, nämlich 30 Schil-
linge bei einer maior causa, und ein Schilling in den Not-
dingen.
Nach dem Gesagten kann als Empfänger der 30 Schilling-
Wette nicht der Landvogt, der Vertreter des Landesherrn in
Frage kommen. Denn wenn dieser (wie in Schlesien der ad-
vocatus provincialis oder summus iudex) wirklich bald nach
der Gründung Posens dem großen Dinge beiwohnte, — die
Frage ist bisher nicht geklärt, Warschauer „Stadtbuch von
Posen" Bd. I stellt darüber 8. 148* Anm. 1 weitere Unter-
suchungen in Aussicht, — so war jedenfalls in der Grün-
dungsurkunde seine Beteiligung als Richter oder in anderer
Eigenschaft nicht in Aussicht genommen, da nach § 9 „nie-
mand im Namen der Herzoge oder ihres Kastellans oder
sonst einer anderen Obrigkeit" dem großen Dinge bei-
wohnen, dieses vielmehr derYogt allein „mit seinen Bürgern“
halten sollte. Die Gerichtsbarkeit des Vogts ist auch in
Posen — wenigstens nach der Gründungsurkunde — nicht
wie sonst nach Magdeburger Recht dadurch beschränkt, daß
ihm die tres causae — vis illata, d. h. Notzucht), vis in
propriis domibus facta, d. h. Heimsuchung, und insidia, d. h.
Wegelagerung (läge) — entzogen und dem summus iudex
Vorbehalten sind. Das hätte für Posen keinen Sinn gehabt,
weil derYogt gleichzeitig der obere und niedere Richter
war, der sowohl im großen als auch im gewöhnlichen
Dinge fungierte.
Kann also der Empfänger der 30 Schilling-Wette in
Posen nur der Vogt gewesen sein, so bleibt nur noch die
Frage zu entscheiden, in welchen Fällen er sie erhielt, oder da
diese schon durch die Worte „si vero maior questio orta fuerit“

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