Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 22 (1901))

Zur Geschichte des Hagestolzenrechts.

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Aufhebung des fiscalischen Hagestolzenrechts für alle seine
deutschen Lande *). Ist nun das Hagestolzenrecht heute
gänzlich antiquirt, oder lassen sich davon noch Spuren im
geltenden Rechte entdecken? Der Herausgeber von Strubes
Rechtlichen Bedenken verweist2) wegen des Hagestolzen-
rechts „nach preussischen Grundsätzen“ auf die Vor-
schriften des Allgemeinen Gesetzbuches für die Preussischen
Staaten vom 21. März 1791 H, 19 §§ 19 — 31. Diesen ent-
sprechen im Allgemeinen Landrecht vom 5. Februar 1794 die
§§51 — 71 II, 19, welche auch heute nach Einführung des
deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches noch in Kraft stehen3).
Danach wird nun zwar einer öffentlichen Anstalt (Armen-
oder Waisenhaus) ein Erbrecht in den eigentümlich freien
Nachlass der in diese aufgenommenen Personen zugeschrieben,
wenn solche ohne eheliche Nachkommen unvermählt ver-
sterben, während ihre Verwandten in aufsteigender oder in
der Seitenlinie von der Erbschaft ausgeschlossen bleiben.
Mit dem Hagestolzenrecht hat dieses Erbrecht jedoch nichts
gemein. Denn, abgesehen davon, dass es nicht dem Fiscus,
sondern jeder öffentlichen Anstalt, mithin auch der, welche
von einer Gemeinde und nicht vom Staat errichtet ist, zu-
steht, ist der Rechtsgrund, in dem es beruht, ein ganz
anderer als beim Hagestolzenrecht. Es ist ja nicht die
Thatsache allein, dass Jemand Hagestolze ist und als solcher
stirbt, welche dabei den Ausschlag giebt, sondern das Erb-
recht der öffentlichen Anstalt gegenüber den Personen, die
darin aufgenommen wurden, wird abhängig gemacht von
dem Umstande, dass ihre Aufnahme zum Zweck der unent-
geltlichen Verpflegung geschehen ist und sie auch tatsäch-
lich darin unentgeltlich verpflegt worden sind. Lediglich
der gewährte Unterhalt ist es also, welcher der öffentlichen
Anstalt das Erbrecht in den Nachlass der darin aufgenom-
menen und verpflegten, beziehungsweise von dort aus noch
nach erfolgtem Austritt versorgten Personen giebt *).
Von einem Ueberrest des Hagestolzenrechts, der sich
in dem vom ALR. den öffentlichen Anstalten beigelegten
*) 8. die Constitution bei Strub e, a. a. 0.1 8.19—20. — *) I S.20
Noted der Ausgabe von Spangenberg. — *) EG. zum BGB. Art. 139.
— *) Vgl. §§ 56—57 II, 19 ALR.

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