Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 22 (1901))

Litteratur.

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steigenden Einfluss auf das Leben des Staates. Karl’s des Grossen
Kaiserthum hatte sie in Schranken gehalten, aber gerade die von ihm
genährten theokratischen Vorstellungen, der „Theokxatismus“ des
Regiments, stärkten unter den schwachen Nachfolgern die zum Be-
wusstsein ihrer Macht gelangte Kirche. Kaum drei Menschenalter
nach Karl s Tod gilt der Satz, dass nur der Papst die Kaiserkrone zu
vergeben berechtigt sei.
Mit diesen Sätzen ist der Inhalt der vier neuen Abtheilungen
umschrieben; es fragt sich, wie Dahn seine Absicht durchgeführt hat,
in systematischer Gliederung das Staats- und Verwaltungsrecht der
Karolingerzeit darzulegen.
Dahns ganze Eigenart spricht aus dem Buche, insbesondere aus
dessen Sprache, die freilich wenig mehr derjenigen ähnelt, deren Reiz
man bei seinen Dichtungen sich gern unterwirft. Im „Kampf um
Rom“ weiss er den Leser zu packen; weit seltener schon erhebt sich
die „Urgeschichte“ zu glänzender Darstellung, hier vollends hat der
Verfasser völlig auf sie verzichtet. Wie gewunden sind, manche Aus-
führungen, wie schleppend die zahlreichen Perioden mit ihren vielen
Doppelpunkten, Semikolas und den in Gedankenstriche eingezwängten
Einschaltungen! Dazu die allzuhäufige Verwendung selbstgeprägter
Worte, die schwerlich in den Sprachschatz des Lesers übergehen
dürften. Oft genug begegnet „zweifelig“ für zweifelhaft (3, 48 u. s. w.);
dem Monarchen kommt die „Eigenrechtigkeit“ zu (3, 81); es ist die
Rede von „Ungespeistheit“ im Gegensatz zu „Unberauschtheit“ (4, 100),
von „Verchristenung“ und den „kaum selbst gechristneten“ angelsächsi-
schen Missionaren (4, 123. 5,159); Childerich III. traf die „Verkloste-
rung“ (4, 148); niemand darf wider seinen Willen „gemöncht“ werden
(5, 263), — eine kleine Auslese von Beispielen, deren Zahl sich leicht
vermehren liesse. Nicht immer erscheint die Darstellung angemessen;
wenig erquicklich z. B. ist es, liest man (4, 173): „Dass Karl nie dahin
gebracht werden konnte ein Todesurtheil auszusprechen, ist eine selt-
same Behauptung des Mönches von Sanct Gallen, über welche die an
der Aller (a. 783 [richtig 782]) geschlachteten 4500 Sachsen sich sehr
gewundert haben mögen, als sie das — in der Hölle — lasen. West-
falens Erde ist heute noch roth“; vgl. 4, 167. 5, 197. 209. 229.
D. meint einmal, dass nach Anlage des Werks Wiederholungen
nicht zu vermeiden sind (6, 361). In gewissem Sinne urtheilt er damit
über sich selbst. Denn eben diese Wiederholungen lassen das Inter-
esse des Lesers oftmals ermatten; eine geschlossenere Darstellung mit
deutlich wahrzunehmendem Fortschritt hätte seine Aufmerksamkeit
stets aufs Neue angeregt. Der Benutzer überdies bleibt im Zweifel,
ob er D.’s Ansicht über eine strittige Frage kennt, wenn er, ohne
durch ein Register gesichert zu sein, an einer Stelle Einschlägiges ge-
funden hat. Ueberreich an Wiederholungen ist z. B. der Abschnitt
über das Kriegswesen (3, 246ff.); die Stellung der karolingischen Ge-
setzgebung zu den coniurationes wird 4,143. 158. 217. 6, 20 geschildert;
3, 292 wird ein Nachtrag zu S. 148 gegeben, obwohl 8.149 der näm-

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