Litteratur.
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Besitz ihm gegenüber vertheidigen will. Der Beklagte, der die Sache
heranszngeben bereit ist, muss sich görse orpiuvae, indem er beweist,
dass er sie gefunden oder dem Diebe abgejagt und dies gehörig kund-
gemacht, dass er sie auf dem Markte gekauft, dass er sie zum Ge-
schenk erhalten habe, und der Schenker ihm nicht Gewährschaft leisten
wolle (S. 78ff). Der Beklagte, der die Sache nicht herauszugeben bereit
ist, macht sich diebstahlsfrei, indem er sich die Sache durch den Zug
auf den Gewähren „von Händen leitet“ (S. 97f.) oder sich auf originären
Erwerb beruft (S. 154£F.). In gleicher Art hat im ersteren Falle
der durch die Entgegennahme (vipaer takae) der auf ihn geleiteten
Sache an die Stelle des Beklagten getretene Gewähre seinerseits sich
diebstahlsfrei zu machen. Dem thatsächlich oder gesetzlich letzten
Gewähren steht hierfür naturgemäfs nur die Berufung auf origi-
nären Erwerb zur Verfügung. Durch die rechtliche Möglichkeit, sich
diebstahlsfrei zu machen, unterscheiden sich alle diese Fälle von
denen der Diebes-Beweislosigkeit (hiufs vitnlösa) bei handhafter That
u. dergl.
Wem es nicht gelungen ist, die gesetzlichen Anforderungen für
das görse sik orjüuvse zu erfüllen, der hat die Diebstahlsbusse ver-
wirkt und „heisse Dieb“ (hete jnufwaer u. s. w.). Unser Verfasser führt
im Laufe seiner Darstellung zahlreiche Stellen an, die dies besagen
(so S. 79. 80. 81. 111. 130). Er versteht sie insgesammt von der Fahr-
nissklage, deren Anstellung in manchen von ihnen (vgl. die Stellen
aus Uplandslagen und Södermannalagen 8.129 f.) ausdrücklich erwähnt
wird. Dennoch trägt er kein Bedenken, das charakteristische Merk-
mal für die Anstellung dieser Klage darin zu erblicken, dass bei ihr
der Kläger den Beklagten nicht „Dieb genannt“ und somit keine
„direkte“ Diebstahlsbeschuldigung gegen ihn erhoben habe. Wäre
letzteres nicht der Fall, so hätte ebensowenig der Beweis des Be-
klagten ein Sich-diebstahlsfrei-machen bezwecken und bewirken, wie
das Misslingen dieses Beweises Diebstahlsbusse und Diebesnamen für
ihn nach sich ziehen können. Von einem besonderen, etwa hierauf
gerichteten Verfahren ist nirgends die Rede. Unmittelbar an die
Thatsache, dass das Kundmachungszeugniss versagt, der Reinigungs-
eid nicht geleistet wird, der Gewährenzug nicht wirksam erfolgt,
knüpfen sich die Rechtsfolgen der Busspflicht und des Diebheissens.
Wenn aber der Beklagte bei ungünstigem Ausgange des Rechtsstreites
Dieb heissen soll, so muss die Erhebung der Klage mit Diebnennung
erfolgt oder doch als so erfolgt betrachtet worden sein. Der Verfasser
ist bedauerlicherweise auf die prozessuale Namengabe nicht näher
eingegangen.1) Ihre Berücksichtigung wäre in diesem Zusammenhänge
von Nutzen gewesen. Von ihr aus betrachtet treten auch erst die Vor-
schriften in das rechte Licht, die sich mit den Folgen des Unterliegen«
für den Kläger im Fahrnissprozesse beschäftigen. Der Verfasser be-
1) Vgl. über sie v. Amira, Gött. gel. Anz. 1885 Nr. 4 8. 166,
Pappenheim, Altdänische Schutzgilden 8. 333ff.