Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Germanistische Abteilung (Bd. 25 (1904))

Erwiderung.

431

der Antikritik eine umfängliche Rubrik »Sprachliches*. Wohlan, zweifeln
wir nicht länger an der ,Höhe‘. Es genügt ja ein Blick in die »Tiefe*.
Venn tief blicken lassen auch jetzt wieder allerlei gelegentliche Vor-
kommnisse, als da sind obiges »Heergewette*, das sich doch wohl vom
Wetten ableiten muß, das Spielen mit dem Wort ,Urteil? oder die
gleichzeitige Ableitung des Wortes scaibinm von «copo» (decernere)
und scepjan (haurire!)*, oder die (8. 384) abermals vorgetragene Ab-
leitung des Wortes Homeien von homagium ,in Anlehnung an das
aus major entstandene deutsche Meier*!
Noch mehr Interesse gewährt es, daß und wie unter der Rubrik
»Sprachliches* der Herr Verf. die von mir gerügte Überschrift von I 802
des Urkundenwerks zu verteidigen sucht. Obgleich der klare Wort-
laut dieses Urteils nach dem Eingeständnis des Herrn Verf. selbst
eine Ehescheidung quoad vinculum ergibt, soll doch die Überschrift
nicht anders lauten dürfen als ,Scheidung von Tisch und Bett*. Denn
das sei eben gerade das Merkwürdige an dem Urteil, daß es zwar nur
von Tisch und Bett scheide, aber doch ,zu der demnächst üblich wer-
denden Scheidung dem Bande nach* »hinüberleite*. Also zwei mitein-
ander unverträgliche Scheidungsarten in einer! Augenscheinlich,wogen*
wieder einmal altes und neues Recht »hin und her*. Ich wage nur noch
die Frage zu stammeln: warum macht auf diese in zwiefachem Sinn
»erlesene* Seltsamkeit die Überschrift nicht aufinerksam?
Zu den .sprachlichen* Kontroversen gehört für den Herrn Verf.
auch die über den ominösen »Vocativus vor Brandenburg*. Begreif-
licherweise duldet Seine Exzellenz nicht, daß Ihrer Autorität die des
alten Schöppenseniors Oiesecke vorgezogen werde, zumal da der Bericht
Oieseckes verschiedene andere irrige Angaben enthalte. Ich bezweifle
letztere Tatsache so wenig, wie überhaupt, daß Oiesecke manches noch
nicht gewußt hat, was Herr A. Stölzel weiß. Aber ich bin so frei zu
bezweifeln, daß Herr A. Stölzel besser weiß, ob man das Brandenburger
Schöppenhaus »Vocativus* nannte, als ein alter Brandenburger Schöppe,
den sein achtundzwanzigjfthriger Dienst so und so oft ins Schöppen-
haus geführt haben muß. Vielleicht versteht jetzt auch der Herr Verf.,
warum ich gerade den Schöppen senior* betont habe. Mein Angriff
auf die Ansicht Seiner Exzellenz soll auch darum wertlos sein, weil
ich die Benennung des Hauses als .Vocativus* nicht erklärt habe. Ich
erlaube mir wiederum mit Fragen zu erwidern. Oesetzt, der Name
Brandenburg bezeichne nicht die Stadt, sondern den Schöppenstuhl,
gesetzt ferner, das Wort Vocativus bedeute allemal, wie der Herr Verf.
meint, einen »Schalk* oder .Schelm*, den man ,vor den Strafrichter
gestellt* hatte oder doch wenigstens stellen sollte: glaubt der Herr
Verf. wirklich, irgendwo erklärt zu haben, wie man darauf verfallen
konnte, einen Schelm gerade als »den Vocativus vor Brandenburg,
zu bezeichnen? Wurden Schelme vor den Oberhof zu Brandenburg
gestellt? Hat man nicht nach des Herrn Verf. eigener Schilderung
vielmehr davon auszugehen, daß bloß die Akten hingeschickt wurden?

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer