Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 93 = N.F. Bd. 86 (1898))

1. Abthlg.

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der Volksschule hervorhebenden Art. 20—25 durch Art. 112
vollständig suspendirt sind oder ob wenigstens die dort aus-
gesprochenen Grundsätze insoweit Geltung haben, als sie zu
ihrer Gültigkeit keines Organisationsgesetzes bedürfen (vergl.
hierzu Rönne, Preuß. Staatsrecht, Bd. 2 S. 451; Meyer,
a. a. O. S. 233; Bornhak, desgl. S. 672; Archiv für öffentl.
Recht, Bd. 1 S. 512 und folg.). Jedenfalls sind aber die
Bestimmungen der Verfassung durch die späteren Gesetze in
mehrfacher Hinsicht zur Ausführung gelangt und es ist zunächst
auf das Gesetz vom 11. März 1872 hinzuweisen, durch wel-
ches alle öffentlichen und privaten Schulen der alleinigen Auf-
sicht des Staates unterstellt worden sind. Auf Grund des
8 4 dieses Gesetzes ist durch Ministerial-Erlaß vom 15. Okto-
ber 1872 über Einrichtung, Aufabe und Ziel der Volksschule
der Lehrplan für die Volksschulen genau bestimmt worden und
eine Verordnung der Kgl. Regierung zu Düsseldorf vom
15. Juli 1872 (Giebe, Verordnungen über das Volksschul-
wesen, S. 90) hat die Grundsätze über die vom Staate hin-
sichtlich der Schule auszuübende Aufsicht eingehend geregelt.
Es ergibt sich hiernach, daß die Staatsaufsicht über die Volks-
schule nicht blos in einer Ueberwachung der Lehrthätigkeit,
sondern in der vollständigen Leitung aller inneren Angelegen-
heiten der Schule besteht, namentlich werden die Volksschullehrer
nicht blos von der Regierung ernannt und beeidigt, sondern
sie sind auch der Aufsicht und den Weisungen staatlicher Be-
hörden direkt unterstellt. Sodann ist durch die Gesetze vom
14. Juni 1888 und 31. März 1889 über die Erleichterung
der Volksschullasten die Beitragspflicht des Staates für die
Besoldung der Volksschullehrer geregelt worden und hierdurch
wird der staatliche Charakter der Volksschule auch insofern be-
stätigt, als der Staat bei der Aufbringung der Kosten erheb-
liche Zuschüsse zu leisten hat. Hiernach kann es jedenfalls für
das gegenwärtig geltende Recht keinem Zweifel unterliegen,
daß das Volksschulwesen als eine Angelegenheit des Staates
aufzufassen ist und daß die vom Staate angestellten, von ihm
in ihrer ganzen Thätigkeit beaufsichtigten und theilweise auch
aus seinen Mitteln besoldeten Volksschullehrer in einem Dienst-
verhältnisse zum Staate stehen, auf welches alle Voraussetzungen
des Art. 1384 Abs. 3 des B. G.-B. zutreffen. Die Kläger
haben sich daher mit Recht auf diese gesetzliche Bestimmung

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