Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 93 = N.F. Bd. 86 (1898))

1. «bthlg.

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Aubry-Rau, Bd. 4 § 447 Nr. 2; ferner auch mit allerdings
abweichender Begründung: Crome, Allgem. Theil, §17 S. 150
und folg.). Auch nach hem Wortlaute des Art. 1384 Abs. 3
kommt es nicht auf die Art der übertragenen Thätigkeit,
sondern lediglich darauf an, daß der Angestellte (pröposö) auf
Grund eines zwischen ihm und dem Geschäftsherrn (commet-
tant) bestehenden Dienstverhältnisses eine ihm vom Letzteren
übertragene Angelegenheit desselben unter dessen Anleitungen
und Weisungen zu besorgen hat.
In zweiter Linie bestreitet der Beklagte, daß ein solches
Verhältniß im Sinne des Art. 1384 zwischen betn Staate
und den Volksschullehrern begründet sei, weil die Lehrer,
allerdings unter Aufsicht des Staates, nur in einem Dienst-
verhältnisse zu den Gemeinden ständen und überhaupt die
Volksschule in erster Linie als Gemeindeangelegenheit aufzu-
fassen sei. Dem Beklagten kann aber auch in diesem Punkte
nicht beigestimmt werden. Da ein allgemeines Schulgesetz bis-
her nicht erlassen worden ist, so hat das Schulwesen des
Preußischen Staates noch keine einheitliche Regelung, wenigstens
nicht in allen Beziehungen, erfahren und es muß für das im
untergebenen Falle maßgebende Rechtsgebiet auf das für das
Großherzogthum Berg am 17. Dezember 1811 (Bulletin
S. 804—815) erlassene kaiserliche Dekret zurückgegriffen
werden, welches im Wesentlichen auf dem französischen Schul-
gesetze vom 11. floröal X (1. Mai 1802) beruhte. Letzteres
Gesetz hatte die Primärschulcn allerdings den Gemeinden über-
tragen, doch war bereits in dem Gesetze von 1811 die erhebliche
Aenderung getroffen worden, daß die Oberaufsicht durch vom
Staate ernannte Professoren geführt werden sollte. Der
Generalgouverneur vom Nieder- und Mittelrhein erließ zu
diesem Gesetze die Instruktionen vom 6. Mai und 15. Juli
1814, durch welche die Anstellung und Beaufsichtigung der
Volksschullehrer unter Mitwirkung der Schulvorstände den
Regierungsbeamten übertragen wurde (vergl. Rönne, Preuß.
Unterrichtswesen, Bd. 1 S. 178—200). Eine ausdrückliche
Gesetzesvorschrift, welche wie 8 1 Tit. 12 Th. 2 des Allgem.
Landrechts, die Schulen als Veranstaltungen des Staates er-
klärte, wurde von der Preußischen Gesetzgebung nicht erlassen
und die erwähnte Bestimmung des Landrechts ist in der Rhein-
provinz nicht publizirt, sodaß sie keine direkte Anwendung
Archiv. 93. Bd. 1. Heft. Erste Abtheilung. 3

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