Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 93 = N.F. Bd. 86 (1898))

1. Abthlg.

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an gültig zu betrachten sind-— § 8 a. a. O. — und daß
das preußische Landrecht, daS für die Auslegung jenes Gesetzes
Beachtung verdient, die Erbfähigkeit juristischer Personen grund-
sätzlich anerkennt (vergl. Koch, Allg. Landrecht. Th. I Tit. 12
Z 39; Dernburg, Preuß. Privatrecht, 4. Anfl., Bd. 4 § 100
S. 309), so wird man zu dem Schluffe gelangen müssen, daß
im Sinne jenes Gesetzes die letztwillige Zuwendung an eine
juristische Person vor Erthcilung der Königlichen Genehmigung
als ein absolut nichtiger Akt nicht anzuschen ist, daß vielmehr
lediglich die Vollziehung der letztwilligen Anordnung bis
zum Eintritt der Genehmigung gehemmt erscheint. Ob diese
Hemmung mit dem ersten Richter und in Uebereinstimmung
mit den Ausführungeu des Klägers, der den Art. 1180 des
B. G.-B. für sich anruft, als eine Suspensivbedingung anzu-
sehen ist oder ob die Wirkung der Einsetzung nicht richtiger
unter dem Gesichtspunkte einer Anwartschaft zu beurtheilen ist,
bedarf hier nicht der Entscheidung. Jedenfalls kann der
Standpunkt des Beklagten, daß vor der Genehmigung über-
haupt ein gültiges Testament nicht vorliege und aus ihm da-
her der Kläger nach keiner Richtung Rechte geltend machen
könne, nicht gebilligt werden.
Unterstellt man diese Rechtsgrundsätze, so erledigt sich zu-
gleich die Einwendung, die der Beklagte gegen die Zulässigkeit
der Feststellungsklage erhebt. Denn ist zur Zeit die Voll-
ziehung der letztwilligen Zuwendung und somit der Leistungs-
anspruch gehemmt, so ist im Sinne des 8 231 der Civ.-Proz.-
Ordn. gerade die Unterlage für eine Feststelluugsklage gegeben.
Daß im Uebrigen die Voraussetzungen dieser Klage nach Maß-
gabe jener Gesetzesbestimmung vorliegen, hat der Vorderrichter
unter eingehender Begründung festgestellt, sodaß es hier genügt,
darauf zu verweisen. Mit Unrecht führt der Beklagte aus,
daß mit der erhobenen Klage nichts Anderes, als ein Gut-
achten des Gerichts über die Auslegung des Testaments begehrt
werde, und versucht derselbe allein schon hiermit die Unzulässigkeit
der Klage zu begründen. In dieser Richtung ist jedoch zu beachten,
daß der Beklagte vor Erhebung der Klage gegenüber dem
Notar, der den Nachlaß in Händen hat und mit seiner Rege-
lung befaßt ist, Anspruch auf den Nachlaß unter der Behaup-
tung erhoben hat, daß er der einzige und nächste Jntestaterbe
sei und daß der im Testamente Bedachte nicht der klagende

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