i. Abthlg.
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daß aber, da dasselbe dieses Recht nicht ausdrücklich aus-
schließt, die Selbstvertheidigung als Ausnahmefall zuzulassen
ist (vergl. Perrot, Verfahren der Gerichte der preuß. Rhein-
provinzen in bürgerlichen Rechtssachen, Bd. 1 § 6; Crome im
Rhein. Archiv, Bd. 79. 4 S. 9 und folg.). Hieraus folgt
aber auch, daß die Selbstvertheidigung sich nur in den engsten
Grenzen halten darf, daß sie nicht nur nicht weiter gehen
darf, als zu einer erfolgreichen Abwehr unbedingt erforderlich
ist, sondern auch nicht zu Mitteln greifen darf, welche Schädi-
gungen Dritter zur Folge haben, die in keinem Verhältnisse
zu dem Eingriffe in die eigene Rechtssphäre und dem abzu-
wehrenden Schaden stehen. Die Beweisaufnahme hat nun
ergeben, daß der erschossene Hund des Klägers zwar laut
jagend in der Müller'schen Jagd bettoffen wurde, daß derselbe
sich aber auch nicht weit von der Jagdgrenze befand und daß
der Kläger mit mehreren Jagdgenossen in der Nähe war. Ob
Letzterer denselben zurückgerufen oder nicht, kann dahingestellt
bleiben. Jedenfalls war mit Rücksicht auf die Terrainverhält-
nisse und den Umstand, daß der Besitzer des Hundes in der
Nähe jagte, zu erwarten, daß das Reh sich wieder in die mit
Busch bewachsene Jagd des Klägers wenden und der Hund
diesem folgen oder doch letzterer von der von ihm verfolgten
Fährte baldigst zu seinem Besitzer zurückkehren werde. Es
waren hiernach die Beklagten in der Lage, den Kläger aufzu-
fordern, seine Hunde von weiteren Eingriffen in ihre Jagd-
berechtigung abzuhalten. Bei dieser Sachlage kann die Gefahr,
welche dem Beklagten Müller dadurch drohte, daß der laut
jagende Hund des Klägers seine Jagd beunruhige und dieselbe
hierdurch schädige, nicht als eine derartig erhebliche bettachtet
werden, daß die Beklagten hierdurch für berechtigt zu erachten
wären, zur Tödtung des Hundes zu schreiten und damit dem
Kläger einen bedeutenden Schaden zuzufügen. Diese Er-
wägungen-werden auch nicht widerlegt, falls der benannte
Zeuge Franzen die unter Beweis gestellten Behauptungen be-
stätigen sollte. Diese Beweiserhebung ist daher als unerheblich
abzulehnen, insbesondere da auch das Ergebniß der Beweis-
aufnahme erster Instanz bereits mit diesen Behauptungen im
Wesentlichen übereinstimmt. Die Handlung des Beklagten
Stoll ist sonach als eine die Grenzen der Selbstvertheidigung
überschreitende, civilrechtlich widerrechtliche anzusehen und