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folgern, indem derartige Culturen die Bestimnrung hatten, zum Hoch-
wald herangezogen zu werden.
Der Polizeirichtec habe hiernach den Art. 38Tit. II. des Ruralgesetzes
falsch angewendet und die dt. Art. 8 und 10 der Forstordonnanz von
1069 verletzt.
Seitens der Cassations-Verklagten ist eine Erwiderung nicht eingegangen.
U r t h e L l:
I. E., daß die Bestimmungen der Ordonnanz vom Monat August 1669
das gemeine Recht und die Regel für die Bestrafung aller in den Wal-
dungen des Staates, sowie der Gemeinden verübten Frevel bilden;
Daß denselben durch das Ruralgesetz vom 28. Sept. u. 6. Oct. 1791
zwar insofern derogirt wird, als unter dem daselbst Art. 38 Tit. II.
gebrauchten Ausdrucke: communautes in gleicher Weise, wie dies nach
dem Sprachgebrauchs der Ordonnanz anzunehmen ist, die Gemeinden und
nicht blos sonstige Institute zu verstehen sind, und daher ein Weidfrevel
nicht schon um deswillen, weil er in dem Eigenthum einer Gemeinde
verübt ist, als unter die Vorschriften derOrdonnanz fallend, zu betrachten ist;
Daß dagegen der bezogene Art. 38, weil und inwiefern ec nur die in
'dem Schlagholze (bois taillis) der Gemeinden u. s. w. verübten Beschä-
digungen als Ruralvergehen bezeichnet, gegenüber den das Waldeigenthum
aller Art umfassenden Bestimmungen der Ordonnanz eine, nicht über ihren
Wortlaut auszudehnende Ausnahme darstellt;
Daß thalsachlich feststeht, daß der den Gegenstand der vorliegenden
Beschuldigung bildende Weidfrevel in einer der Gemeinde Hinterweiler
gehörigen dreijährigen Fichten-Cultur, also in einer Waldanlage vorge-
kommen ist, welche nicht unter den Begriff des Schlagholzes gehört, viel-
mehr ihrer forstwirthschaftlichen Bestimmung gemäß zum Hochwald heran-
gezogen wird, und diesem daher hinsichtlich der Ahndung der darin verüb-
ten Beschädigungen rechtlich gleichgestellt werden muß;
Daß hieraus folgt, daß nicht die Vorschriften des Ruralgesetzes, sondern
die der Forstordonnanz, das hier zur Anwendung kommende Strafgesetz bilden;
Daß nun aber die letztere — Lit. 33 Art. 8, 10 — den Forstfrevel,
um welchen es sich handelt, nach Maßgabe der Zahl der aufgetriebenen
Viehftücke mit einer Geldbuße bedroht, welche die Höhe der durch Art.
XIV. bez. VIII. des Eins. -Ges. zum Str. G. B. von 1831 normirten
Polizeiftrafe übersteigt;
Daß, wenn das Polizeigericht auf diese Strafe vermöge der im §. 4
der Verordnung über die Competenz der Friedensgerichte vom 7. Juni
1821 ausgesprochenen und durch Art. XX. des Eins -Ges. aufrecht erhal-
tenen speciellen Attribution zu erkennen hat, die strafbare Handlung darum
noch nicht den Charakter einer Uebertretung, sondern nach dem Maße der
angedrohten Strafe den eines Vergehens an sich tragt und daher auch in
Bezug auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels, zumal mit Rücksicht auf
§. 8 der allegirten Verordnung von 1821 nach den für Vergehen (en
maticre correctionelle Art. 199 der Crim. Pr. O.) geltenden Vorschriften
behandelt werden muß, woraus sich ergibt, daß das in der Sache ergangene
Urtheil der Berufung des öffentl. Ministeriums unterliegt, mithin nicht
in letzter Instanz ergangen und daher der dagegen ergriffene Cassa-
ti onsrekurs nach Art. 177 der Crim. Pr. O. unstatthaft ist;