Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 59, Abth. 2 = N.F. Bd. 52, Abth. 2 (1864))

hier der Rechtsgrundsatz des Art. 1136 des B. G. B durchgrekfen müsse,
kraft dessen die Eigenschaft eines Rechtsgeschäftes nicht durch die gewählte
Benennung, sondern durch dessen wesentlichen Begriff bestimmt werde.
Die Fiction des rheinischen Rechts (Art. 883, 1872 des B. G. B.)
in Betreff der civilrechtlichen Wirkungen der Theilung könne auf dem
hier vorliegenden Gebiete nicht in Betracht kommen; es müsse an dem
Grundsätze festgehalten werden, daß die Verschiedenheit der mehreren in
dem Bereiche der Stempelgesetzgebung geltenden Civil-Gesetzgebungen
in der Begriffsbestimmung einzelner Rechtsgeschäfte nicht die Folge haben
dürfe, daß die Bestimmungen des Stempelgesetzes in den verschiedenen
Bezirken verschieden zur Anwendung gebracht würden; man müsse sich
vielmehr für alle Gebiete streng an die Bestimmungen des Stempelgesetzes
halten und diesen eine solche Auslegung geben, die eine dem Zwecke des
Gesetzes widerstreitende Verschiedenheit in der Besteuerung nicht auf-
kommen lasse.
Dem Stempelgesetze liege die Anschauung zu Grunde, daß bei Aus-
einandersetzungen von Miteigenthümern einer gemeinschaftlichen Sache, die
in der Art, wie es hier geschehen, vorgenommen werde, nämlich: daß der
eine der bisherigen Miteigenthümer das Alleineigenthum der ganzen Sache
übernehme und die anderen durch Herausgabe abfände, wenigstens insoweit,
als der Erwerb die dem Uebernehmer bis dahin zugestandene Quote über-
steige, unter den Begriff der onerosen Veräußerung, mithin des Kaufes
falle; §, 10 des Stempelgesetzes spreche dies aus, er ordne nicht etwa
singulär die Kaufstempelpflichtigkeit, sondern exceptionell die Frei-
heit vom Kaufstempel bei den dort bezeichneten Rechtsgeschäften in gewissem
Umfange an, er setze die Natur des hier in Rede stehenden Lheilungsge-
schaftes als eines Kaufes voraus.
Auf derselben Ansicht beruhe die Cab.-Ordre vom 21. Juni 1844; es
existire endlich kein Grund zu der Annahme, daß Lheilungen anderer
Gemeinschaften, als der einer Erbschaft in Beziehung auf die Stempel-
pflichtigkeit günstiger behandelt werden sollten, wie Erbtheilungen nach
Maaßgabe des tz. 10 des Stempelgesetzes.
Einen Belag für die Ansicht, daß es Ln Betreff der Stempelpflichtig-
keit einer Urkunde nicht so sehr auf deren juristische Form, sondern darauf
ankomme, ob sie ihrem Wesen nach eine onerose Eigenthumsübertragung
enthalte, gewahre die Cab -Ordre vom 16. Januar 1840, Inhalts deren,
wenn durch einen Vergleich zugleich ein anderweites Rechtsgeschäft begrün-
det werde, welches, wenn es nicht in Vergleichsform zu Stande gekommen
wäre, einen höheren, als dem bei Verträgen im Allgemeinen vorgeschrie-
benen Stempel unterworfen sein würde, bei dem Vergleiche dieser höhere
Stempel eintreten solle. Diese Cab.-Ordre schaffe nicht ein neues Recht,
sondern declarire nur, was das Stempelgesetz im Grundsätze schon enthalte.
Desgleichen erhelle auch aus der Cab.-Ordre vom 13. Dezember 1828,
welche die vom eigentlichen Kaufverträge sehr verschiedene datio insolutum
als dem Kaufstempel unterliegend bezeichne, daß der Gesetzgeber die Ver-
pflichtung zur Entrichtung des Kaufstempels nicht an tzen strengen civil-
rechtlichen Begriff eines Kaufvertrages habe gebunden wissen wollen.
Aus Allem dem gehe hervor, daß nach der Absicht der Stempelgesetz-
gebung die Verpflichtung zur Entrichtung des Kaufstempels in allen Fällen
eintrete, wo die Überlassung von Eigenthum gegen Entrichtung eines
Geldäquivalentes stattsinde.

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