Full text: Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der Königlich-Preussischen Rheinprovinzen (Bd. 59, Abth. 2 = N.F. Bd. 52, Abth. 2 (1864))

3.15. Subhastations-Verfahren. Gesetzliche Hypothek. Nothwendigkeit der purge legale

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Subhastations-Verfahren. — Gesetzliche Hypothek. —
Nothwendigkeit der legale.
Durch den Zwangsverkauf im Subhastations - Verfahren
erlöschen auch die bestehenden nicht eingetragenen, gesetz-
lichen Hypotheken, und es bedarf zu deren Beseitigung
der Durchführung der purge legale nicht.
Kerner — Drees.
Gegen das im Bd. 58, I., 139 mitgetheilte Urtheil des Apellations-
Gerichts-Hofes vom 20. Mai 1864 legte die zum Armenrechte admittit te
Johanna Kerner den Cassations-Rekurs ein', welcher auf Verletzung der
Art. 1653, 2166, 2167, 2180, 2103 u. 2194 B. G. B., der Art. 740.
750, 774 u. 775 B. Pr. O. und der §§. 6, 13, 14, 18, 35 u. 36 Subh, O.
gegründet wurde. Es wurde dabei im Wesentlichen auf die für sie schon
in zweiter Instanz geltend gemachten Argumente verwiesen.
Für die Cassations-Verklagten wurde daraus erwidert, die Ansicht des
Appellations - Gerichts - Hofes befinde sich Ln Uebereinstimmung mit einer
früheren Entscheidung desselben Gerichtshofes und der konstanten Praxis
des Pariser Cassationshofes seit 1833. Nichts spreche dafür, daß der
Grundsatz des altern französischen Rechts: un decrefc nettoie toutes
hypotheques in das (Zivilgesetzbuch übergegangen sei, und er sei doch zu
wichtig, als daß er nicht seinen bestimmten Ausdruck habe finden müssen,
wenn man ihn habe beibehalten wollen. Im Uebrigen wurde im Wesentlichen
auf die Gründe des appellationsgerichtlichen Urtheils Bezug genommen.
U r t h e i l:
I. E., daß es ein aus dem Wesen des Hypotheken-Rechtes sich erge-
bender, in dem altsranzösischen Rechte förmlich sanctionirter und in dem
Systeme der gegenwärtigen Gesetzgebung erkennbar fortlebender, auch in
den einzelnen Bestimmungen derselben zum Ausdruck gekommener Grund-
satz ist, daß durch den Zwangs-Verkauf eines Grundstücks alle auf dem-
selben haftenden Hypotheken Ln der Weise erlöschen, daß dieselben von dem
Grundstücke auf den Kaufpreis übertragen werden und letzterer als Object
der Befriedigung an die Stelle des ersteren tritt;
Daß der Einwirkung dieses Grundsatzes auch die gesetzlichen Hypotheken *
nicht entzogen sind;
Daß, wenn sie in der Weise bevorzugt sind, daß sie unabhängig von
der Eintragung existiren und diejenige Wirksamkeit, die die Gesetze sonst
an die Eintragung knüpfen, ihnen ohne Eintragung gesichert ist, diese
Bevorzugung nicht dahin ausgedehnt werden kann, daß aus derselben im
Widerspruche mit der rechtlichen Wirkung des Zwangs-Verkaufes eine
Fortdauer des Hypothekenrechtes dem Ansteigerer gegenüber hergeleitet
werden könnte;
Daß das Vorrecht der gesetzlichen Hypotheken, von der Nothwendigkeit
der Eintragung befreit zu sein, für sie zwar auf der anderen Seite den
Nachtheil herbeisührt, daß eine specielle Einladung und Zuziehung ihrer
Inhaber zu dem Zwangs-Versteigerungs-Verfahren nicht stattsinden kann,
daß hierfür Lndeß der Ersatz nur in der Oeffentlichkeit und Feierlichkeit
des Verfahrens gefunden werden kann;

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