Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

Die rechtlichen und sozialen Probleme des 1500-Mark-Vertrags. 53
in der Entsch. vom 2. April 1912 nicht getan, was allerdings
Philipsborn (a. a. 0.895), Schubart (a. a. O. 1122), Meikel (a.a.O.
540), Lefser (IW. 12, 1135) anzunehmen scheinen. Dazu kommt,
daß die Beteiligten beim Abschluffe des Vertrags und während
dessen Dauer bis zum Abschluß eines etwaigen Prozesses völlig im
Ungewissen sind, wie hoch sie den zu sichernden Betrag bemessen
dürfen, um einen Verstoß gegen die guten Sitten und dessen Folgen
zu vermeiden (vgl. Harnier a. a. O. 296). Der Ausweg, der von
Schubart (a. a. O. 1123) empfohlen wird, aber auch diese Ungewiß-
heit nicht völlig beseitigt, nämlich einen Teil des Gehalts von vorn-
herein in der Hand eines Treuhänders für die Gläubiger zu reser-
vieren, wird wohl von keinem Angestellten und Geschäftsherrn be-
schritten werden. Und wie soll endlich der Fall beurteilt werden,
wenn die die Zuwendung empfangende Ehefrau selbst eigenes Ver-
mögen besitzt und aus dessen Einkünften oder Stamm den not-
dürftigen oder standesgemäßen Unterhalt der Familie zu bestreiten
in der Lage ist!
Eine weitere Schwierigkeit bildet das subjektive Moment des
Verschuldens auf seiten des Arbeitgebers. Dieses soll nach dem
Reichsgerichte davon abhängig sein, ob er wußte oder Grund hatte
zu glauben, der Angestellte bezwecke durch den Vertragsschluß nur
den Unterhalt der Familie zu sichern, und er habe die Absicht, da-
neben nach Kräften sich um die Befriedigung seiner Gläubiger zu
bemühen. Bei der äußerst dehnbaren Auffassung und Bemessung
dessen, was zum angemessenen oder — je nach der Auffassung des
Gerichts — zum notdürftigen Unterhalt erforderlich ist, wird hier
eine schuldhaft unrichtige Auffassung des Dienstherrn oder der Ehefrau
des Angestellten äußerst schwer nachweisbar sein. Und wen trifft
hier die Beweislast? Während Philipsborn (IW. 12, 895) den
Standpunkt vertritt, daß meist die Kenntnis des Arbeitgebers von
den sittenwidrigen Umständen des Geschäfts so lange anzunehmen
sei, als er nicht den Beweis seiner Gutgläubigkeit erbracht habe,
hält Striemer (a. a. O. 187) das Umgekehrte für richtig; der Arbeit-
geber könne, wo doch dem Schuldner „diese Kräfte" fehlen, in den
seltensten Fällen die Überzeugung haben, daß er sich nach Kräften
auch für die Bezahlung seiner Gläubiger bemühen werde, denn meist
führe Not, nicht Niederträchtigkeit zu diesem Vertrage. Jedenfalls
hält aber Schubart (a. a. O. 1122), wenn man einmal anerkennt,
daß den Gläubigern ein Teil des gesamten Honorars zukommen

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer