Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

Heinsheimer, Mitgliedschaft und Ausschließung. 543
nicht ein besonderes personenrechtliches Element der Mitgliedschaft. Der
Verf. verlangt hiernach bei allen Vereinsprozessen für die Entscheidung
über die landgerichtliche Zuständigkeit und über die Zulässigkeit der
Revtsion eine dem § 3 ZPO. entsprechende freie Schätzung des Wertes,
wobei allerdings, wenn es sich um nichtwirtschaftliche Prozesse handele,
alle anerkennenswerten ideellen Interessen mit in Anschlag gebracht
werden müßten.
Die Ausschließung hält der Vers, in allen Fällen für zulässig; zum
mindestens dann, wenn die Fortdauer der Mitgliedschaft aus einem in der
Person des Mitglieds liegenden wichtigen Grunde für den Verein un-
erträglich sein würde. Im übrigen wendet er sich zwar grundsätzlich da-
gegen, daß dem die Ausschließung bekämpfenden Mitgliede die sachliche
Nachprüfung des Ausschließungsgrundes schlechthin versagt wird, weil,
soweit das Ausschließungsrecht des Vereins nach der Satzung von Be-
dingungen abhänge, nach elementaren Grundsätzen auch die sachlichen
Voraussetzungen eines solchen Gestaltungsrechts der richterlichen Kognition
unterlägen. Allein im Ergebnisse kommt er doch wieder der reichs-
gerichtlichen Rechtsprechung mit der Ausführung nahe: da die Satzung
dein Vereine das Recht zur Ausschließung auch bedingungslos beilegen
könne, so läge es ebenso im Bereiche der Satzungsfreiheit, die Aus-
schließung nicht vom Vorhandensein der satzungsmäßigen Voraussetzungen
an sich, sondern davon abhängig zu machen, daß diese von den satzungs-
mäßig dafür zuständigen Vereinsorganen als gegeben angenommen
würden. Er führt eine Reihe allgemeiner Anhaltspunkte auf, die bei
vielen, namentlich bei den geselligen Vereinen, für eine derartige freie
Auslegung der Satzung in Betracht kommen könnten. Wird nach frei-
willigem Austritt dem früheren Mitgliede eine Ausschließungserklärung
vom Vereine nachgesandt, so wendet sich der Verf. mit besonderer
Entschiedenheit dagegen, daß in solchen Fällen die Klage des Mitgliedes
auf Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses zugelassen
oder daß über einen solchen Antrag sachlich entschieden wird, wenn der
Austritt im Laufe des Prozesses erfolgt. Es handele sich alsdann nicht
mehr um das Bestehen oder Nichtbestehen der Mitgliedschaft, sondern
um eine unselbständige Voraussetzung dieses Rechtsverhältnisses. Für ein
Feststellungsurteil fehle es an einem geeigneten Gegenstände der Fest-
stellung und bei früherem Austritt auch an einem Feststellungsinteresse,
da die nachträgliche Ausschließung nicht ernstlich gewollt, das Fest-
stellungsinteresse aber nur bei ernstlichem Bestreiten eines Rechtsverhält-
nisses oder einem ernstlichen Berühmen mit einem solchen gegeben sei.
Aus dem weiteren Inhalte der sehr beachtenswerten Schrift und
der Reichhaltigkeit ihrer Einzelheiten sei nur noch erwähnt, daß der
Verf. gewissen Vereinsbildungen, die als solche die reichsgerichtliche
Rechtsprechung mehrfach beschäftigt haben, nämlich den studentischen
Korporationen, die Vereinseigenschaft überhaupt abspricht. Dies seien
nur organisierte Freundschaftsbünde, bei deren Gründung der Wille
einer rechtsgeschäftlichen Bindung — jedenfalls für das Jnnenverhältnis
— gefehlt habe, auch wenn sie nach außen hin durch eine feste Orga-

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