Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

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Verzicht auf Rechtsmittel.

denen ein dem Einzeiintereffe übergeordnetes Interesse obwaltet,
die Gerichtsbarkeit beim Staate verbleiben foH.25) Diese Bestimmung
führte dazu, daß man meinte, der Schiedsvertrag sei dem Vergleich
ähnlich. Dabei verkannte man aber, daß bei diesem die Parteien
ein Rechtsverhältnis direkt unter sich regeln, indem sie durch gegen-
seitiges Nachgeben Streit oder Ungewißheit beseitigen, während bei
jenem Entscheidung durch übergeordnete Dritte verlangt wird und
von einem Nachgeben hinsichtlich des materiellen Verhältniffes keine
Rede ist, sondern nur von einem solchen hinsichtlich des Angehens
des Gerichts. Sie bezwecken Entscheidung, und gerade dieses Moment
fehlt dem privatrechtlichen Vergleiche.^)
Ungeklärt bleibt aber dabei noch, wie die private „Gerichts-
barkeit" aufzufassen ist. Der Staat begibt sich hier eines jener
Rechte, welche bei der Einteilung der Staatsgewalt in die bekannten
drei Gewalten genannt werden, des xouvoir äs ju§sr, für einzelne
Fälle. Wenn nun die Schiedsrichter den Streit entscheiden, üben
sie dabei Gerichtsbarkeit (mit abgeschwächter Wirkung allerdings!)
aus? Und von wem haben sie dieselbe erhalten? Ist hierin eine
Delegation seitens des Staates an jene zu erblicken? Oder soll
man annehmen, daß die Vertragsparteien die Gerichtsbarkeit ver-
leihen,* 2 * * * *^) ein ihnen der Substanz nach fremdes Recht, und daß der
Staat dieses an sie in eonorsto abgegeben hat? Oder daß er, wenn
Schiedsrichter ernannt sind, diese ermächtigt zu judizieren? Näher
liegt hiervon jedenfalls die letztere Annahme. — Mir scheint, daß
man die Tätigkeit der Schiedsrichter trotz der Terminologie des
zehnten Buches, trotz der zahlreichen Anklänge an die richterliche
Tätigkeit nicht als Gerichtsbarkeit in dem Sinne, in dem wir
gewohnt sind sie zu verstehen, wird bezeichnen können. Wäre
es richtig, hier von Verleihung des Richteramts zu sprechen,2^) so
würde damit der Schiedsrichter zum Beamten gemacht.^) Dies
*B) Vgl. hierzu für den Doppeltatbestand des Vertrags Gaupp-Stein
2, 900; Hegler a. a. SD.; Bülow a. a. SD. 218, 219; dagegen Wach a. a. O.
67; Trutter, Über prozessuale Rechtsgeschäfte 402 i. k.
") S. hierzu Hegler a. a. O. 103 Note 4; Born hak a. a. O. 37.
*7) So Bülow a. a. O. 219; ebendort nennt er das Schiedsgericht ein
Sonderg'ncht.
*8) So ausdrücklich Bülow a. a. O. 220.
*•) So in der Tat ».Bitter, Handwörterbuch 2, 473 1.1. Er behauptet,
der Schiedsrichter hafte gemäß § 839 Abs. 2 BGB. Dort ist aber nur von einem
Beamten die Rede. Wie hier von Staudinger, Komm. 2,2 zu §839 Note6o.

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