Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

5.1.10. Erstreckt sich die Herausgabepflicht des Vorerben nach § 1990 BGB. auch auf eine Leibzucht, die er sich bei Veräußerung des Nachlaßgrundstücks hat bestellen lassen? Oder kann der Gläubiger die Beseitigung der Leibzucht unter dem Gesichtspunkte des Schadensersatzes fordern?

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Einzelne Rechtsfälle.

aus dem angegebenen Grunde die Klage überhaupt und nicht bloß
in dem Umfang abgewiesen werden, der sich aus den in der Be-
rufungsinstanz gestellten Sachanträgen der Parteien ergab (RG. 22,
3 ff.; 40, 268 ff.; ZW. 97, 592«2; 10, 822«)-

Nr. 10.
Erstreckt sich die Herausgabrpsticht de? vorerben nach § 1990 ß®ß. anch
auf eine Leibzucht» die er sich bei Veräußerung des Kachiaßgrundstücks
hat bestellen tasten? Oder kann der Gläubiger die vefeitignng der Leib-
zucht unter dem Gesichtspunkte des Schadensersatzes fordern?
BGB. §8 1990, 1991, 1978, 1980, 667, 249.
(Urteil des Reichsgerichts (IV. Zivilsenats) vom 12. Juni 1913 in Sachen der
Firma W., Klägerin, wider die Witwe K., Beklagte. IV. 115/13.)
Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des preußischen
Oberlandesgerichts zu Celle aufgehoben.
Tatbestand:
Heinrich K., der verstorbene Ehemann der Beklagten, schuldete
der Klägerin aus Wechseln insgesamt 16 000 M. Bei seinem am
20. Zuni 1909 erfolgten Tode hinterließ er einen am 5. Juni 1901
mit der Beklagten geschloffenen Erbvertrag, in dem die Ehegatten
sich gegenseitig als Vorerben und ihre gemeinsamen Kinder als Nach-
erben eingesetzt hatten. Die ihr durch den Tod des Ehemanns an-
gefallene Erbschaft trat die Beklagte an. Am 30. Juni 1909 aber
schloß sie mit ihren Kindern einen gerichtlichen Vertrag ab, durch den
sie auf ihre sämtlichen Rechte als Vorerbin zugunsten ihrer Kinder
verzichtete und die Erbschaft den Kindern überließ. Die Kinder
traten sämtliche Rechte, die ihnen als Erben ihres Vaters an seinem
Nachlasse zustanden, an den ältesten Bruder Karl K. ab, der alle
zum Nachlasse gehörigen Schulden übernahm und der Beklagten an
den Nachlaßgrundstücken eine Leibzucht mit der Maßgabe bestellte,
daß die Beklagte, wenn sie es aus irgendeinem Grunde wünsche,
statt der näher festgesetzten Leibzuchtleistungen eine lebenslängliche
Rente von jährlich 500 M. beanspruchen könne. Auf Grund dieser
Verhandlungen wurde Karl K. als Eigentümer der Nachlaßgrund-
stücke in das Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wurde das Leib-
zuchtsrecht der Beklagten eingetragen. Am 30. Mai 1910 wurden
die Grundstücke zwangsweise versteigert, nachdem Karl K. in Konkurs
gefallen war. Auf Grund Zuschlagsbeschluffes vom 4. Juni 1910
wurden die Inhaber der klagenden Firma als Eigentümer einge-

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