Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 58 (1914))

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Einzelne Rechtssälle.

über die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs von deutschen Ge-
richten nur nach den deutschen Gesetzen entschieden werden könne.
Jede Einwirkung ausländischer Rechtsnormen wäre in dieser Be
ziehung mit der inländischen Staatshoheit schlechthin unvereinbar.
Das deutsche Recht hat aber die Regelung des Verkehrs zwischen
geschiedenen Ellern und ihren minderjährigen Kindern grundsätzlich
dem Vormundschaftsgericht und nicht gleichzeitig und daneben auch
dem Prozeßgerichte zugewiesen. Die Vorschrift des § 627 ZPO., die
als eine Ausnahme allein in Betracht kommen könnte, gilt nur für
die Dauer eines vor deutschen Gerichten anhängigen Rechtsstreits
wegen Scheidung, Nichtigkeit oder Anfechtung einer Ehe. Sie beruht
auf Gründen einer nur in beschränktem Zeitumfange bestehenden ge-
legentlichen Zweckmäßigkeit, weist selbst durch die im Abs. 3 an-
geordnete Benachrichtigung des Vormundschaftsgerichts auf diese Be-
hörde als das für jede staatliche Fürsorge im Gebiete des Eltern-
und Kindesrechts regelmäßig zuständige Staatsorgan hin und läßt,
wenn sie überhaupt mit der einstweiligen Entscheidung über die
Kindesfürsorge auch eine Regelung der Einzelheiten des Verkehrs
dem Prozeßgericht übertragen hat (vgl. RG. 69, 97), damit noch
keineswegs erkennen, daß nach deutschrechtlicher Gesetzesauffaffung
diese Regelung in ihrem eigentlichen Wesen etwa eine bürgerliche
Rechtsstreitigkeit darstelle. Dies ist sie dann in Wirklichkeit auch
ganz und gar nicht. Dadurch, daß dem fürsorgeberechtigten Eltern-
teile durch eine obrigkeitliche Anordnung ein Verhalten vorgeschrieben
wird, das in bestimmter Art dem anderen Elternteile den Verkehr
mit dem Kinde ermöglichen soll, findet nicht, wie der Berufungs-
richter annimmt, eine Abgrenzung der beiderseitigen Rechte gegen-
einander statt, sondern diese Rechte bleiben in ihrem Bestände und
in ihrem Umfange unberührt. Die Anordnung betrifft nur die Art
und Weise, wie der mit der persönlichen Fürsorge befaßte Elternteil
dem Kinde gegenüber von seinen ihm uneingeschränkt verbleibenden
Machtbefugniffen Gebrauch zu machen, insbesondere wie er mit der
ihm allein obliegenden Bestimmung des Aufenthaltsorts zu verfahren
hat, damit für die Ausübung der rechtlich gleichfalls unbeschränkten
Verkehrsbefugnis des anderen Teiles Raum bleibt. Ob dabei im
Einzelfalle ein Schutzbedürfnis des Kindes der Berücksichtigung be-
darf oder ob es sich nur darum handelt, die Jntereffen der Ellern
gegeneinander auszugleichen, kann im Wesen der Sache nichts aus
machen. Immer empfängt der fürsorgeberechtigte Elternteil eine im

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