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Zn dem in Bezug genommenen Abschnitte von der
Verjährung Thl. I. Tit- 9. des Allg. Landrcchts heißt es
im§. 579. wörtlich also: „
„Die Verjährung durch Besitz findet in allen.Fällen
„statt, wo Jemand eine Sache oder Recht aus ei-
„nem Titel, der an sich zur Erlangung des Eigen-
„thums geschickt ist, durch die in den Gesetze» be-
„stimmte Frist ruhig und redlicher Weise besessen hat."
Dabei entsteht die Frage:
was ein zur Uebertragung des Eigenthums an sich
geschickter Titel sei; ob dies ein jeder, auf Uebcrtra-
gung deS Eigenthums gerichteter, wenn auch fehler-
hafter Titel, oder nur ein.solcher sei, welchem an und-
für sich kein Mangel entgcgenstcht, und der das Ei-
genthum würde übertragen haben, wenn nur derje-
nige, von dem der Besitzer sein Recht ableitet, wirk-
lich Eigenthümer gewesen wäre?
Die Entscheidung dieser Frage ist zwar nach gemeinem
Rechte nicht unzweifelhaft, wiewohl auch dort das ganze
Gewicht auf den Umstand gelegt wird, daß der Erwer-
bende in gutem Glauben sich für einen titulirten Besitzer
gehalten habe. (X,. 13. §. 1. D/g. 41. 3. L. 2. §. 15. u.
16. Dig. 41. 4. L. 4. Dig. 4l. 8.) .
Nach dem Allg. Landrecht aber muß man annehmen,
daß ein zur Uebertragung des Eigenthums geeigneter (ti-
tulus ckomillü trunslutivus),' wenn gleich fehlerhaf-
ter Titel der gewöhnlichen Verjährung durch Besitz zum
Grunde gelegt werden kann.
Denn unter Titel versteht das Gesetz einen Rechts-
grund, durch welchen das Eigenthum erlangt werden kann.
(§. 132. Tit. 2. §. 8. Tit. 7. §. 2. Tit. 9. Thl. I. A.
L. N.) Indem dasselbe das Können, also die Möglichkeit
des Erwerbes, nicht die wirkliche Erwerbung des Eigcn-
thums, fordert, — wie dies geschehen müßte, wenn Ei-
genthum vom titulirten Besitze verschieden sein und auS
letzterem erst mittelst der Verjährung Eigenthum hervorge-
hcn sollte, — kann unter dem titulirten Besitze kein ande-
rer verstanden werden, als ein solcher, dessen sich der Be-
sitzer aus einem Grunde angemaaßt hat, wodurch Eigen-