Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

Irrtum im Motive.

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Berufungsrichters beizutreten. Es ist richtig und auch vom Reichs-
gerichte wiederholt ausgesprochen, daß die gesetzlichen Vorschriften
über die Unzulässigkeit einer ungleichen Behandlung der Gläubiger
bei dem Zwangsvergleiche nicht auf den Privatakkord übertragen
werden können, da jene Bestimmungen lediglich das Gegengewicht zu
dem bei dem ersteren Vergleich auf die Minderheit der Gläubiger
ausgeübten Zwange bilden, daß ferner die gleichmäßige Befriedigung
sämtlicher unbevorrechtigter Gläubiger nicht als ein Effentiale, eine selbst-
verständliche Voraussetzung auch aller außergerichtlicher Erlaßverträge
angesehen werden kann (RG. 6, 227 ff. Nr. 63, Urt. vom 21. No-
vember 1885, ZW. 86, 2 1 45, Urt. vom 8. Februar 1887, ZW. 87,
100 und SeuffA. 43 Nr. 11, Urt. vom 27. Zuni 1894, ZW. 94,
438. Vgl. v. Wilmowski-Kurlbaum, KO. zu § 181 Anm. 7).
Vergleiche der letzteren Art können ihrem Inhalte nach von ver-
schiedener Gestalt und hinsichtlich des Abschluffes und der Ausführung
durch verschiedene Verhältniffe bedingt sein. Wenn es nicht gelingt,
alle Gläubiger zur teilweisen Aufgebung ihrer Forderungen zu be-
wegen, so wird durch volle Befriedigung der ablehnenden noch nicht
ein Recht der mit weniger befriedigten Gläubiger verletzt. Und in
einem Falle, wo die Befriedigung nicht aus Mitteln des Schuldners,
sondern aus Mitteln dritter Personen erfolgt, hat die Bevorzugung
des einen Gläubigers auch nicht einmal notwendig die Benachteili-
gung der anderen zur Folge.
Zst aber die gleichmäßige Befriedigung der sämtlichen Gläubiger
nicht als stillschweigende Bedingung oder als die eine Vermutung
begründende Regel zu betrachten, so erscheint die weitere Annahme
des Berufungsgerichts als folgerichtig, daß der behauptete Zrrtum
des Klägers nicht ein Irrtum über den Inhalt der Erklärung ge-
wesen wäre. Man kann nicht sagen, daß der Kläger zufolge des
Zrrtums eine Willenserklärung anderen Inhalts, als er ohne den
Irrtum sich gestaltet hätte, abgegeben habe: der Kläger hat gegen
die angebotene Quote von 40 pCt. auf den Rest seiner Forderung
verzichtet, weil er nach seiner Behauptung irrigerweise annahm, daß
die übrigen Gläubiger gleichmäßig soviel erhalten würden; aber er
ist nicht einem Akkord von anderem Inhalt, als der gewollte, irr-
tümlich beigetreten. Und es ist der Revision auch nicht zuzugeben,
daß der Kläger sich in einem solchen Zrrtum im Beweggründe be-
funden habe, der den Inhalt der Erklärung derart beeinflußt hätte-
um ihn als Zrrtum über den Inhalt selbst erscheinen zu lassen (ZW;.

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