Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

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Einzelne Rechtssälle.

daß die Prozeßführung nicht unter den Begriff der Verfügung fällt
(vgl. Planck, Komm. Anm. 1 zu § 2212). Eine Ausnahme für Fest-
stellungsklagen ist nicht vorgesehen. Muß schon hieran die Rüge
der Kläger scheitern, so trifft es aber auch nicht zu, daß der Be-
rufungsrichter, welcher die rechtliche Möglichkeit, daß der Erbe neben
dem Testamentsvollstrecker eine Feststellungsklage erheben dürfe, nicht
unbedingt verneint, die Prüfung unterlassen habe, ob ein rechtliches
Interesse der Erben an der alsbaldigen Feststellung im vorliegenden
Falle vorhanden sei. Der Berufungsrichter hat hervorgehobcn, daß
ein solches rechtliches Interesse von den Klägern nicht geltend ge-
macht sei, und zutreffend ausgeflihrt, dasselbe ergebe sich auch nicht
aus der gesamten Sachlage. Die Einziehung der zum Nachlasse
gehörenden Gegenstände sei Sache des Testamentsvollstreckers. Dieser
habe pflichtmäßig zu prüfen, welche Prozesse er zu diesem Zwecke
für erforderlich halte. Erfülle er seine Pflicht nicht, so könnten sich
die Erben an das Nachlaßgericht wenden, um seine Entlassung her-
beizuführen. Sie könnten aber auch nach § 2218 BGB. Rechenschaft
von dem Testamentsvollstrecker gleich einem Beauftragten verlangen
und ihn verklagen. Hieraus ergebe sich der Weg, den die Kläger
zu beschreiten hätten. Mit Rücksicht auf diese Erwägungen würde
es, wenn die Erhebung der Feststellungsklage trotz der Vorschrift des
§ 2212 BGB. überhaupt für zulässig gehalten werden könnte, nicht
zu beanstanden sein, daß der Berufungsrichter der von den Klägern
jetzt betonten Kollision der Pflichten des Karl Heinrich G. als
Testamentsvollstreckers und als Vaters des Beklagten Harald G., dis
bei einem Vorgehen gegen den Testamentsvollstrecker von Belang
sein könnte, für die Frage des rechtlichen Interesses der Kläger an
der gegen den Beklagten Harald G. begehrten Feststellung keine Be-
deutung beigemessen hat.
Sodann haben die Kläger noch ausgeführt, der Testamentsvoll-
strecker sei nicht befugt, die Aktivlegitimation der Erben zur Geltend-
machung von Nachlaßrechten zu bestreiten, weil die Vorschriften der
§§ 2211, 2212 BGB. ein Veräußerungsverbot im Sinne des tz 135
BGB. enthielten. Es kann indessen keinem Zweifel unterliegen, daß
der Testamentsvollstrecker zur Abwehr von Eingriffen in die nach dem
Gesetz ihm allein zustehenden Rechte befugt ist. Den aus § 2212
BGB. sich ergebenden Mangel der Klageberechtigung ist aber auch der
Beklagte Harald G. — der Testamentsvollstrecker Karl Heinrich G.
ist am Prozesse nicht mehr beteiligt — geltend zu machen berechtigt.

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