Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

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Literatur.

gehört zu den beachtungswertesten Erörterungen darüber. Es tritt für
die materielle Bedeutung der Lehre und für die konstitutive Kraft des
Urteils ein. Mit gewissen Modifikationen stellt der Vers, den schon
anderwärts ausgesprochenen Satz auf: der rechtskräftigen gerichtlichen
Entscheidung kommt dieselbe Kraft zu, die ein die Feststellung be-
zweckender wirksamer Vertrag der Parteien haben würde. Ziel des
Prozesses ist dem Vers. Wahrheitserforschung bezüglich der Partei-
beziehungen unter Berücksichtigung der materiellen Änderung dieser Be-
ziehungen, die im Laufe des Rechtsstreits durch das Verhalten der
Parteien im Prozesse, Anerkenntnis, Geständnis, Versäumnis rc. ent-
steht. Das Urteil ist Deklaration der Wahrheit. Ist das, was der
Richter deklariert, nicht die Wahrheit, so wird wahr, was er deklariert,
wie der Feststellungsvertrag Wahrheit deklarieren will und das Dekla-
rierte zur Wahrheit macht.
Die Grundlage dieser Erörterung ist eine Besprechung des Fest-
stellungsvertrags, die sich — nach meinem Erachten bedauerlicherweise —
nicht auf den Vertrag über Feststellung obligatorischer Verhältnisse be-
schränkt, sondern Bedenkliches über Feststellungsverträge auch bei ding-
lichen Rechtsverhältnissen vorträgt, wobei mir zweifelhaft ist, ob das Er-
örterte für die Parallele mit den Entscheidungen über die durch Klage
oder Widerklage erhobenen „Ansprüche" erforderlich war. Eine weitere
Grundlage bietet die Erörterung über die Mittel der Wahrheitserfor-
schung im Prozesse und die Einwirkung des Verhallens der Parteien
durch Geständnis, Nichtbestreiten und Nichtbehaupten, Anerkenntnis.
Auch wenn man Zweifel daran hat, ob bei einem auf Feststellung
gerichteten Vertrage der Feststellungswille mit dem Verf. als causa an-
gesehen werden kann, und ob nicht vielmehr der Feststellungswille der
Wille ist, eine ohne Bedingtsein durch eine causa kraft des Willens
verpflichtende und nur gemäß §§ 780 ff. BGB. wirksame Erklärung
abzugeben, wird man dem Grundgedanken des Verf. Beifall geben
und vielem, was er unter fortlaufender Berücksichtigung des abwei-
chenden Hellwigschen Standpunkts sagt, zustimmen können. Manches
fordert zum Widerspruche heraus, so die Ansicht des Verf., daß das er-
gangene rechtskräftige Urteil in einem neuen Prozesse nicht nur dann,
wenn es von einer Partei, ohne Rücksicht auf erklärte Einredeabsicht,
herangezogen ist, von Amts wegen zu berücksichtigen sei, sondern daß
es von Amts wegen in diesen neuen Prozeß ohne Parteibehauptung
hineingezogen werden könne.
Der Fortgang seiner Erörterung führt den Verf. zu den Rechts-
verhältnissen bei Wiederaufnahme des Verfahrens; die Judikatur des
Reichsgerichts wird besprochen, und die schon bei der Erörterung selbst
zum Teil gezogenen Konsequenzen werden nochmals zusammengefaßt.
Zum Schluß setzt sich der Verf. über eine Reihe wichtiger Probleme
mit abweichenden Meinungen auseinander.
Diese Anzeige kann Einzelheiten nicht weiter hervorheben; sie soll
auf die beachtenswerte Leistung aufmerksam machen. Eccius.

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