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Pagenstecher, Zur Lehre von der materiellen Rechtskraft
Pagenstecher, Zur Lehre von der materiellen Rechtskraft. 179
Eisenbahnen nach der Eisenbahn-Verkehrsordnung und dem Internatio-
nalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr. Der Verf. be-
schränkt sich hier im wesentlichen auf eine Wiedergabe der Ergebnisse,
zu denen die Literatur und die Rechtsprechung auf diesem Gebiete ge-
langt sind. Sehr umfangreich sind die Mitteilungen über die verschie-
denen Versuche, das Verfügungsrecht des Empfängers juristisch zu kon-
struieren. Freilich laufen diese Mitteilungen aus, wie das Hornberger
Schießen. Denn der Verf. kommt, Thöl und Pappenheim folgend, mit
Recht zu dem Resultate, daß diese Konstruktionsversuche sämtlich als
verfehlt und als entbehrlich zu erachten seien, daß man vielmehr ein
durchaus eigenartiges Rechtsverhältnis vor sich habe, das sich aus der
Besonderheit des Frachtvertrags ergebe, eines Vertrags mit selbständigen
gesetzlichen Befugnissen Dritter, der aus den Bedürfnissen des Verkehrs
hervorgegangen sei.
Sein eigenstens Gebiet betritt der Verf., der Postinspektor in
Königsberg ist, erst im zweiten Teile des Buches, der den gleichen
Fragen innerhalb des Postfrachtgeschäfts gewidmet ist. Ein selbstän-
diges Recht des Adressaten auf Aushändigung der für ihn bestimmten
Postsendungen nach Analogie des § 435 HGB. wird von der Recht-
sprechung bekanntlich nicht anerkannt (RGZ. 43, 98; 48, 257) und der
Verf. bestätigt, daß die Postbehörden diesen Standpunkt auch heute noch
vertreten. Er bemüht sich, dessen Unrichtigkeit darzulegen, wobei er so-
wohl Gesichtspunkte de lege lata, wie auch Gesichtspunkte de lege
ferenda verwertet. Was das geltende Recht anlangt, so würde an-
gesichts des § 452 HGB. der Nachweis aus dem Sonderrechte der Post
zu erbringen sein, also aus dem Postgesetz und der Postordnung. Es
scheint mir nicht, daß dem Verf. dieser Versuch gelungen ist. Dagegen
wird man ihm darin beitreten können, daß die Sicherheit des Verkehts
mit der Zeit auf eine anderweitige festere Ausgestaltung der Rechte des
Adressaten drängen wird. I)r. Sievers.
18.
Jur Lehre von der materiellen Rechtskraft. Von Dr. jur. Max Pagen-
stecher, Gerichtsassessor, Privatdozent an der Universität Würzburg.
Berlin 1905. Franz Wahlen. (M. 10,—.)
Wie Mendelssohn-Bartholdy (Grenzen der Rechtskraft S. 304
Anm. 1) bemerkt, herrscht in der Theorie über das Wesen der Rechts-
kraft wenig Klarheit und gar keine Übereinstimmung. Der Umstand,
daß die Gesetzgebung des Reichs sich auf den Satz des § 322 ZPO.
beschränkt, wonach nur die Entscheidung über den durch Klage oder
Widerklage erhobenen Anspruch und die Entscheidung über das Nicht-
vestehen einer Gegenforderung, mit der aufgerechnet ist, der Rechts-
I\nb' runb sich im übrigen nur damit beschäftigt, inwieweit
8Ä^n^chtskraft über den Kreis der Prozeßparteien hinaus erstrecke;
Kl öt6 Gärung dafür, daß der Gegenstand neuer-
dtngs besonders eingehend behandelt worden ist. Das vorliegende Buch
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