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Einzelne Rechtsfälle.
obligatorische Rechtsstellung der Betrag des Schadens, den sie durch
die Enteignung erleiden, nach Maßgabe des § 11 PrEnteigG. vom
11. Juni 1874 besonders zu ersetzen sei. Diese Auslegung des an-
gezogenen Gesetzes ist bereits vom Reichsgericht in feststehender Recht-
sprechung gebilligt (vgl. RG 29, 273; Zivils. II Nr. 252/92 vom
3. Januar 1903; Zivils. VII Nr. 114/02 vom 13. Juni 1902;
Zivils. V Nr. 400/04 vom 19. April 1905). Hiervon abzugehen,
liegt für den erkennenden Senat keine Veranlassung vor. Der Hin-
weis der Revision auf die §§ 45 und 46 EnteigG. versagt, weil
diese Vorschriften auf Pacht und Miete, als obligatorische Rechtsver-
hältnisse, überhaupt sich nicht beziehen. Im § 45 Abs. 2 sind unter
den „Nutzungs- und sonstigen Realansprüchen", rücksichtlich deren die
Entschädigung an die Stelle des enteigneten Gegenstandes treten soll,
„die auf dem Grundstücke haftenden privatrechtlichen Verpflichtungen"
getroffen, von denen nach § 45 Abs. 1 das enteignete Grundstück
mit dem Zeitpunkte der Zustellung des Enteignungsbeschluffes frei
wird. Dieselbe Bedeutung hat der Ausdruck „Realberechtigte" im
§ 46. Pacht und Miete dagegen haften, sofern sie das Landesrecht
nicht als dingliche Rechte anerkennt, nicht auf dem Grundstücke.
Der § 11 EnteigG. gewährt nun grundsätzlich dem Mieter
schlechthin, soweit der Betrag feine ö Schadens nicht in der für das
enteignete Grundeigentum bestimmten Entschädigung begriffen ist,
einen besonderen Ersatzanspruch gegen den Unternehmer. Diese Vor-
aussetzung hat das Kammergericht für den vorliegenden Fall in ein-
wandsfreier, auf tatsächlichem Gebiete liegender Begründung für ge-
geben erachtet. Es bejaht daher ohne Rechtsirrtum die Sachberechti-
gung des Klägers, wie die Haftung der Beklagten gegenüber der
Klage. Die Revision erhebt jedoch den weiteren Angriff, daß über
den Grund des Anspruchs vorab entschieden sei, ohne daß der Vor-
schrift des § 304 ZPO. zuwider die einzelnen mit der Klage geltend
gemachten Forderungen dem Grunde nach in der erforderlichen Weise
geprüft wären. Allerdings hat das Kammergericht von der Er-
wägung aus, daß die einzelnen Schadensforderungen des Klägers
auf einer gemeinschaftlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlage
— der Enteignung — beruhten, die Feststellung, daß das Sachver-
hältnis mit Grund auf die Existenz eines Schadens schließen lasse,
zum Erlaffe der Vorabentscheidung für genügend angesehen. Hierin
ist ein Verstoß gegen prozeßrechtliche Normen nicht zu finden. Der
Kläger macht nicht mehrere selbständige auf gesonderten Gründen