Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

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Einzelne Rechtsfälle.

ZPO. (den §§ 274, 275 der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes).
Denn es wird dort wegen der Bedeutung der dortigen Nr. 6, die
der jetzigen Nr. 7 entspricht, auf die §§ 50—55 und 82 Entw. ver-
wiesen (Hahn, Materialien zur ZPO. (2), 1, 265). Von diesen
handeln die §§ 50—54 von der mangelnden Prozeßfähigkeit, der
§ 82 von der mangelnden Prozeßvollmacht und der § 55 von dem
hier in Frage stehenden Mangel des gesetzlichen Vertreters,
aber eben in der Gestalt, daß dort vorausgesetzt wird, daß eine
nicht prozeßfähige Partei „ohne gesetzlichen Vertreter ist".
Dieser Fall liegt hier nicht vor, sondern nur der, daß eine un-
richtige physische Personenmehrheit als gesetzliche Ver-
treterin in der Klageschrift bezeichnet und an sie diese und der
Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu ge stellt ist. Es wären
demnach eintretendenfalls nicht die Erfordernisse der Einrede der man-
gelnden gesetzlichen Vertretung erfüllt, sondern es würde nur feststehen,
daß es an einer anderen Prozeßvoraussetzung mangele, nämlich der
der ordnungsmäßigen Zustellung, also der dem Gesetz entsprechen-
den Erhebung der Klage (§ 253 ZPO.), ein Mangel, der zwar
keine prozeßhindernde Einrede nach § 274 ZPO. begründen, aber
trotzdem zur Abweisung der Klage wegen Mangels einer sonstigen
Prozeßvoraussetzung führen müßte (vgl. die Begründung des Entw.
ZPO. bei Hahn a. a. O.).
Zn Wirklichkeit ist aber die erhobene Einrede auch in tatsäch-
licher Hinsicht nicht begründet. Die Bezeichnung des gesetzlichen
Vertreters einer nicht prozcßfähigen Partei ist kein wesentlicher
Bestandteil der Klageschrift, wie der § 253 ZPO. ergibt; sie ist viel-
mehr nur durch die Ordnungsvorschrift des § 130 Nr. 1 erfordert.
Wesentlich ist nur, daß die Zustellung der Klage für die nicht
prozeßfähige Partei an eine physische Person erfolgt, die zur rechts-
wirksamen Entgegennahme der Zustellung für jene vom Gesetze für
berechtigt und verpflichtet erklärt ist. Nach § 171 Abs. 1 ZPO. er-
folgen nun aber die Zustellungen, die an eine nicht prozeßfähige
Partei bewirkt werden sollen, an ihre gesetzlichen Vertreter.
Nach Abs. 2 „genügt" aber bei Behörden, Gemeinden und Körper-
schaften sowie bei Vereinen, die als solche klagen und verklagt
werden können, die Zustellung an die Vorsteher und zwar, wie
aus dem Gegensätze zu Abs. 1 erhellt, auch wenn diese nicht die
gesetzlichen Vertreter sind. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die
beklagte Kaffe als Körperschaft des öffentlichen Rechtes, ähnlich wie

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