Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

Rechtskraft (gegen einen Nebenintervenienten).

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der Nebenintervenient im Verhältnisse zur Hauptpartei nicht mit der
Behauptung zu hören sei, der Rechtsstreit, wie er dem Richter Vor-
gelegen habe, sei unrichtig entschieden, folgt, wie vom Reichsgerichte
wiederholt ausgesprochen worden ist (RG. 45, 355 — 54, 354 —
55, 236), daß sich die Wirkung der Entscheidung gegenüber dem
Nebenintervenienten über das Gebiet der formalen Rechtskraft hinaus
auch auf die in den Entscheidungsgründen festgestellten tatsächlichen
und rechtlichen Grundlagen (Elemente) der Entscheidung, also
auf die Begründung erstreckt, soweit sie die notwendige Voraus-
setzung der Entscheidung bildet. Diese muß der Nebenintervenient
in dem seitens der Hauptpartei gegen ihn angestrengten Prozesse
gegen sich gelten lassen und wird mit Einwendungen dagegen, abge-
sehen von den im § 68 aufgeführten, in gegenwärtiger Sache nicht
in Frage stehenden Ausnahmefällen nicht gehört. Zn dem Vorprozesse
der Klägerin gegen die Eheleute St., worin der jetzt Beklagte als
Nebenintervenient der Klägerin auf deren Streitverkündung hin bei-
getreten war, handelte es sich, wenn auch der p. St. über den an-
geblichen Auftrag des Andreas L. ein Eid zugeschoben worden war,
doch nur um einen Anspruch aus Kauf, nämlich um die Ent-
scheidung der Frage, ob die Ehefrau der St. Käuferin der Möbel
gewesen ist. Dieses ist in dem Vorprozeßurteil auf Grund der Be-
weisaufnahme verneint worden, wobei das Gericht annahm, die p. St.
habe die Möbel nicht für sich, sondern im Auftrag und für Rechnung
des Andreas L. bestellt gehabt. Damit bildete aber nicht dieser
Auftrag, sondern die festgestellte Tatsache, die p. St. habe die Möbel
nicht gekauft, die Grundlage für die Entscheidung und diese Tat-
sache muß auch der heutige Beklagte gegen sich gelten lassen. Da-
gegen steht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat,
ein rechtsgültiger Auftrag seitens des Erblassers L. nicht fest,
und namentlich könnte einer Klage gegen die Ehefrau St. aus § 179
Abs. 1 BGB. der Einwand der Rechtskraft nicht entgegengehalten
werden, da der Grund des Anspruchs aus dieser Gesetzesvorschrift
ein anderer als der Klagegrund des Kaufanspruchs im Vorprozeß ist.
Erweist sich hiernach zwar der aus § 68 erhobene Revisions-
augriff als unbegründet, so mußte doch die Revision Erfolg haben,
weil die Annahme des Oberlandesgerichts, Andreas L. sei bereits
zur Zeit der Beauftragung der Ehefrau St. geschäftsunfähig
gewesen, der genügenden Begründung entbehrt. (Dies wird näher
begründet und deshalb aufgehoben und zurückverwiesen.)

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