Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 50 (1906))

68 Der befreite Vorerbe und der Beweis der Negative beim Grundbuche.
I. Vor- und Nacherbe sollen „Erbe" des eingetragenen Be-
rechtigten im Sinne des § 41 GBO. sein. Dagegen läßt sich sagen:
Es gibt nicht einen „Erben im Sinne des BGB." und einen davon
verschiedenen „Erben im Sinne des § 41 GBO." Ist während der
Dauer der Vorerbschaft der Nacherbe noch nicht Erbe nach materiellem
Rechte, dann ist er auch noch nicht Erbe im Sinne des formellen
Grundbuchrechts. Nach materiellem Rechte aber ist er es nicht.
Denn § 2100 BGB. sagt:
Nacherbe ist derjenige, den der Erblasser in der Weise zuni Erben
eingesetzt hat, daß er erst Erbe wird, nachdem zunächst ein
Anderer Erbe geworden ist.
Es ist also immer nur ein Erbe da: bis zum Eintritte des
Nacherbfolgefalls ist alleiniger Erbe der Vorerbe, mit diesem Ein-
tritte hört er auf, Erbe zu sein (§ 2139 BGB.), und der Nacherbe
wird Erbe. Bis dahin ist das Recht des Nacherben noch kein Erb-
recht, sondern nur die Anwartschaft auf ein künftiges Erbrecht. Das
ist am deutlichsten, wenn der Nacherbe unter einer Bedingung ein-
gesetzt ist. Denn tritt sie nicht ein, dann kann auch von einen!
anderen Erben, der neben dem Vorerben Erbe gewesen wäre, nicht
wohl die Rede sein.
II. Befreiter Vorerbe und Nacherbe sind nach der Annahme
des KG. die Passivbeteiligten im Sinne der §§ 41, 40, 19, 13
GBO. Das „Recht", dessen Betroffenwerden diese Paragraphen vor-
aussetzen, muß stets ein dem Sachenrecht angehörendes sein. Ver-
fügt z. B. eine im gesetzlichen Güterstande lebende Frau durch Auf-
lassung über ihr Grundstück, so wird zwar das Recht des Mannes
auf die Nutznießung (§§ 1383 ff. BGB.) davon betroffen, aber dieses
Recht ist nicht ein solches, wie es jene Paragraphen der GBO. im
Auge haben. Deswegen braucht der Mann bei der Auflassung nicht
gegenwärtig zu sein, er braucht nicht die Eintragung des neuen
Erwerbers zu bewilligen (§§ 19, 20 GBO.), die Frau muß nur in
begl. Form die Einwilligungs- oder Genehmigungserklärung des
Mannes zu der Eigentumsübertragung beibringen, um dadurch ihr
Verfügungsrecht nachzuweisen. Daher ist auch das Recht des Mannes
der Eintragung nach § 40 nicht nur nicht bedürftig, sondern gar
nicht eintragungsfähig.
Nur wenn der Nacherbe ein sachenrechtliches Recht hätte, würde
er also zu den sog. Passivbeteiligten gehören. Nun hat der Vor-
erbe ein auflösend bedingtes (§ 161 Abs. 2 BGB), oder ein durch

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer