Full text: Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung (Bd. 45 = H. 89/90 (1835))

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begangen hak, nur der Richter die gesetzliche Strafe des«
selben erkenne» könne, darüber find alle einig. Aberhie-
von ist die Entriehung des Amts ganz verschieden, fle ist
so wenig eine Criminalstrafe, daß das gemeine deutsche
Criminalrecht sie als solche nicht einmal kennt. Wie, abgesehen
von der Criminalstrafe des Verbrechens, die Amtsentsetzuyg
zur richterlichen Competenz überhaupt kommen könne, ist
daher nach allgemeinen Grundsätzen füglich nicht einzuse»
hen. Sie ist überall keine Strafe, sondern der Ausspruch der
Ueberzeugung des Landesherrn, daß der Beamte seines Ver»
trauens und eines öffentlichen Amts unwürdig sei; über die Ue-
berzeugung und über das Gewissen und die Verantwortlichkeit
des Landesherr» kann vor seinen eigenen Gerichten weder ein
Civilprozrß, noch eine Untersuchung, noch ein Urtheil zulässig
sein, -des Landesherrn eigene Organe können aber am
wenigsten Richter über seine Ueberzeugung sein und ihn
nöthigen, wider dieselbe und wider sein Gewissen durch ein
unwürdiges, pfiichtvergeßenes Organ sich vertreten zu lassen.
Wer für die Verwaltung des Staats und insonderheit für eine
tüchtige RechtspflegeGvtt, seinem Gewissen und seinem Volke
verantwortlich ist, hat diese Verantwortlichkeit auch rück»
sichtlich der von ihm ernannten und gegen seine Ueberzeugung
im Dienst gelassenen Beamten und kann daher über die Fort-
dauer ihrer Amtsführung nur allein entscheiden; die Staats«
diener sind für den Regenten, das Volk und die Staats»
Verwaltung zu wichtig, als daß der Landesherr dies Ur-
theil einer Behörde übertragen könne; dem Volke und dem
einzelnen Staatsdiener ist die Ueberzeugung, daß der Landes-
herr selbst darüber entscheide, zu beruhigend und zu erhebend,
als daß darin nicht die sicherste Garantie treuer Pflichterfül,
lung enthalten sein sollte. Daher ist auch das Entlassungs»
recht der Staatsdiener stets als eine landesherrlich«
Prärogative, als ein recht eigentliches Majestäts»
recht, angesehen worden.
Es giebt Stimmen die hierbei Willkühr befürchten ! Ein
recht arger Gedanke und ein eben so arger Ausdruck, mit wel-
chem man sehr haushälterisch umgehen sollte, und welchen
man hier wohl am wenigsten erwarten dürfte! Was berechtigt
denn hier Willkühr anzunehmen? Giebt es denn nicht auch will»
kührliche richterliche Erkenntnisse, ja müssen nicht alle richter-
liche Erkenntnisse, die nicht auf einem bestimmten Gesetz
gegründet sind, von vorne herein willkührliche sein? Eine

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