Volltext: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

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Das Ueberhangs- und Ueberfallsrecht.

sondern daß er diesen entweder dulden mußte und die Früchte zie-
hen oder weghauen konnte. Es gab also nur ein Recht der Selbst-
hülfe.
Noch das Eisenacher Statut III. 18 giebt die Bestimmung des
Sachsensp. völlig wieder, hebt aber — ebenfalls wichtig in Bezug
auf das preußische Recht — noch besonders hervor, daß der Eigen-
thümer des Baumes bei Herabziehen des Hopfens sich nur der Hand,
keiner Instrumente also, bedienen durfte.1G)
Dagegen dehnt schon die Görlitzer Glossen) die Stelle auf
„hopfingcrtin oder weingertin oder baumgertin", demgemäß, wie es
scheint, ans Früchte aller Art aus, und noch mehr zeigt sich diese
Ausdehnung in dem vermehrten Sachssp. II. 2 14 18) in der Kasseler
Handschrift eines Rechtsbuches19), sowie in dem Wendhagener
Bauernrecht20), welches sogar dem Eigenthttmer des über gefal-
lenen Obstes soviel zuspricht, als er mit einer Ruthe erreichen
kann.
Ad 3. Einige Rechte, z. B. das Herrnbreitinger Petersgericht 21)
machen einen Unterschied zwischen Bäumen im Garten und auf dem
Felde, also zwischen solchen, die einer Pflege bedürfen, von benen,
welche wild wachsen. Indem sie bei ersteren eine Theilung ein-
treten lassen, bei letzteren dagegen sämmtliche Früchte dem Belästig-
ten zusprechen, so machen sie von dem natürlichen, im Weichbild
aufgestellten Rechtssatze nur eine Ausnahme zu Gunsten des Prin-
zipes von dem Fruchterwerb durch Verdienen.22)
Ad 4. Dieses Prinzip der Billigkeit wird auch auf den Ueber-
hang übertragen, und das Selbsthülfsrecht des Nachbars, die über-
hängenden Zweige wegzuhauen, in bestimmter Weise eingeschränkt.
Bald soll er aus einen Pflug steigen und von hier aus, soweit er
Sachse, Großh. Sachs. Pr.R. p. 41.
") Heidelb. Jahrb. 1823 p. 106.
18) Kraut Grundriß p. 210 Nr-15.
'») III, 22. Hillebrand p. 311 Note 2. Grimm R.A. p. 551.
20) Grimm R A. p. 72. Hillebrand p. 312 Note 4.
21) Grimm Weisth. III, 591. Kraut 1. c. p. 209 Nr. 11. Hillebrand
p. 313 Note 8. cf. Grimm, Weisth. III, 682. Nürnberger Reform v. 1479
Tit. 26 e. 14 (Hillebrand p. 314 Nr. 9). Landfeste von Hettnigge (Grimm
Weisth. III. 47).
22) Beseler, Lehrb. S. 331. Heimbach, Lehre von der Frucht p. 270 ff.
Kraut I. c. § 96 Nr. 1—8. Mittermaier Pr.R. V. Ausl. I p. 403 f. u.s. w.

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