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Rechtsfälle. B. Gutachten.
Hypothekenbank in Cz., welche es an demselben Tage dem
Zk.'schen Bankverein girirte. Letzterer kreditirte die Filiale aus-
drücklich unter Vorbehalt des Eingangs für den Betrag und
indossirte am 15. Mai jenen Brief an das Direktorium der re.
Privatbank.
Der Angewiesene I. Ph. verlangte, als ihm am 20. Mai das
Akkreditif präsentirt wurde, Frist bis zum 22. Mai (Sonnabend)
und erklärte an letzterem Tage, die Sache werde am Montag den
24. Mai von ihm geordnet werden. Als er aber alsdann aufs
Neue eine Frist begehrte, sandte die ritterschaftliche Privatbank am
25. Mai das Akkreditif dem Schlesischen Bankverein zur Entlastung
zurück. Dieser retournirte am folgenden Tage das Papier an die
Filiale unter Belastungsausgabe.
Letztere fragt an, ob sie gegen den L'.schen Bankverein oder
die rc. Privatbank aus diesem Sachverhalte in Verbindung
mit dem Umstande Rechte herleiten kann, daß die Gebrüder P.
inzwischen in Konkurs verfallen sind, und (wie behauptet wird) bei
sofortiger Rücksendung des Akkreditifs die Einlösung von Gebrüder P.
noch bewirkt worden wäre.
Das Gutachten verneint diese Frage mit folgender
Begründung:
Die Frage ist nach preußischem Recht zu entscheiden; denn es
fragt sich, ob die preußischen Inhaber (die Banken in B. und
St.) durch Zögerung einen Schaden angerichtet haben, der sie
zum Ersätze verpflichtet.
Zunächst ist festzuhalten, daß nach preußischem Rechte eine be-
stimmte kurze Präsentationsfrist bei Verlust des Regresses zwar
bei Wechseln, nicht aber bei anderen Urkunden vorgeschrieben ist,
durch welche der kaufmännische Verkehr die Zahlung durch einen
Dritten zu leisten pflegt. Kaufmännische Assignationen als ein be-
sonderes Rechtsinstitut sind dem preußischen Rechte unbekannt; sie
folgen den allgemeinen Grundsätzen von Assignationen. Für diese
gilt der Rechtssatz (A.L.R. I. 16 § 280), daß, wenn der Assignat
die Annahme verweigert, der Angewiesene dem Anweiser sofort
davon Nachricht ertheilen und ihm die weitere Verfügung überlassen
muß. Der höchste Gerichtshof folgert hieraus, daß die Unterlassung
der sofortigen Anzeige nicht den Verlust des Regresses, sondern die
Pflicht zum Schadenersätze zur Folge hat (Striethorst Archiv Bd. 40