Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

5.2. Das preußische Ueberhangs- und Ueberfallsrecht im Anschluß an deutsch-rechtliche Bestimmungen

Das Ueberhangs- und Ueberfallsrecht.

69

2.
Vas preußische Ueberhangs- und Ueberfallsrecht im Anschluß
an deutsch rechtliche Krstimmnngrn.
Von dem Herrn Stadtrichter vr. Paul Kayser in Berlin.
Die Kodifikation des preußischen Landrechts darf man in einem
gewissen Sinne auch als eine national-deutsche Großthat bezeichnen,
indem es viele Bestimmungen deutschrechtlichen Ursprungs, die von
den eindringenden fremden Rechten theils in ihrem Bestehen erschüt-
tert, theils vielfach schon ganz verdrängt waren, durch Aufnahme
in das Gesetzbuch rettete und vor völligem Untergang bewahrte. Zu
den Satzungen dieser Art gehören auch diejenigen über den sogenann-
ten Ueberhang und Ueberfall, hinsichtlich dessen die römischen Vor-
schriften, J) wie weit auch Einzelnes in ihnen streitig ist,* 2) die Grund-
lage des gemeinen Rechts bilden. Zn dem Folgenden soll nun das
Vorhandensein dieses Rechts in den deutschen Quellen nachgewiesen
und deren Prinzip zunächst dargelegt werden. Wenn zwar auch
hierbei ein größerer Raum in Anspruch genommen wird, als zum
unmittelbaren Verständniß der preußischen Vorschriften erforderlich
ist, so wird doch dadurch andererseits der unumstößliche Beweis ge-
liefert, daß sie unmittelbar auf deutschem Boden entstanden sind und
mit dem römisch-gemeinen Recht in keiner Beziehung stehen.
Es scheint dem natürlichen Rechtsbegriff zu entsprechen, daß sich
der Eigenthümer von Grund und Boden Alles, was sich durch die
Fügungen der Natur auf demselben befindet, aneignen kann — ein
Gedanke, der sich vielfältig in den deutschen Rechtsquellen ausge-
sprochen findet. So darf sich nach dem schwäbischen Recht2) Der-
jenige den Vogel nehmen, auf dessen Baume er nistet. Auch im
Gebiete des sächsischen Rechtes finden sich in Betreff des Ueberhan-
ges Bestimmungen, wonach dem Eigenthümer des Baumes jedes
Recht an jenem ab- und dem Nachbar zugesprochen wird. Sächs.
') L. un. D. 43, 28; L. 1 D. 43. 27, Keller, Pand. § 114, Arndts s 131,
Vangerow 8 297.
2) Mühlenbruch, Lehrbuch der Pand.R. I §462. Hillebrand, Ztschr.
f. deutsch. R. IX p. 316. Grimm, Ztschr. f. gesch. R.W. III p. 354. Heidel,
Berger Jahrb. 1823 p. 107 f. Guyet Arch. f. civ. Pr. XVII, 31 ff. u. a. m.
2) Schw. sp. 198.

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