Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

Heirathskonsenses nach L R- und Reichs-R.

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„Wird in den Fällen des § 971, 972 die Ungültigkeit der Ehe
selbst von dem unschuldigen Theile oder von dem Vater nicht gerügt,
so ist der Richter Untersuchung und Bestrafung von Amtswegen zu
verfügen nicht berechtigt." Hiebei ist der Fall nicht erwähnt, wo
die Vormundschaft die Ungültigkeit rügt. Es wird dieser Fall indessen
subintelligirt werden müssen, da die Vormundschaft für den „un-
schuldigen Theil" eintritt. Deshalb spricht § 1012 auch allgemein:
„Ueberhaupt fällt die Strafe weg, sobald das Recht zur Rüge der
Ehe selbst erloschen ist" (S chmidt S. 55, vgl. G.R. S. 476). Diese
Bestimmungen sind auch durch das preußische (Art. II. Einf.G.)
und das Reichs-Strafgesetzbuch (§ 2 Eins. G.) nicht aufgehoben (vgl.
Oppenhoff Kommentar z. R.S1.G.B. z. §2 E.G. 5. Ausg. Nr. 27)
und durch das R.G. nicht berührt worden. Das Verfahren ist heute
das gewöhnliche Strafverfahren auf Grund staatsanwaltlicher Anklage
(R. v. 4. April 1837 bei v. Rönne zu § 1009 ff.).
2. Wenn der eine Ehegatte dem anderen arglistig verschwiegen
hat, daß er des Konsenses der Eltern oder des Vormundes bedürfe,
so wird er, wenn wegen Mangels des Konsenses die Ehe für
ungültig erklärt wird, auf Antrag des anderen Theils mit Gefängniß
von 3 Monaten bis 5 Zähren bestraft (Reichs-Str.G.B. § 170;
mit Unrecht meint Oppenhoff a. a. O. 3. § 170 Rote 5, daß die
Ehe gerade auf Antrag des anderen Ehegatten vernichtet sein muß).
3. Hat Jemand eine minderjährige unverehelichte Frauensperson
mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihrer Eltern oder ihres
Vormunds entführt und sie geheirathet, so wird er auf Antrag der
Eltern oder des Vormunds, wenn die Ehe vernichtet worden ist,
mit Gefängniß von einem Tage bis zu 5 Jahren bestraft. Die
Entführung ist jedoch auch schon dann in gleichem Umfange straf-
bar, wenn es zur Eheschließung nicht gekommen ist (Reichs-Str.G.B.
§§ 237, 238).

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