Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

Heirathskonsenses nach LR. und Reichs-R. 709
selbst ausdrücklichen Genehmigung der einmal geschlossenen Ehe noch
kein Verzicht auf das Enterbungsrecht liegt (II. 2 §416, auch
§ 996 d. T.).
B. Die übrigen vermögensrechtlichen Folgen beziehen sich nur
auf Töchter. Nämlich:
1) L.R. II. 2 § 228 verordnet:
„Wenn eine Tochter unter ertheilter oder von dem Richter er-
gänzter Einwilligung des Vaters heirathet, so hört die väter-
liche Gewalt über sie auf."
Hieraus folgt, daß bei nicht konsentirter Ehe die väterliche Gewalt
nicht aufhört. Und dies gilt auch von großjährigen Töchtern, und
minderjährigen auch für den Fall, daß der Vater die Ungültigkeit
nicht gerügt hat (so Entsch. 30 S. 114, auch abgedruckt Strieth.
15 S. 280, und Förster III. § 224 S. 606 Anm. 21, a. A. Koch
Anm. 22 zum § 228). Folglich behält der Vater dem Ehemann
gegenüber in einem solche Falle Verwaltung und Nießbrauch des
nicht freien Vermögens der Tochter.
Der Grund dieser Bestimmung ist, daß Töchter nicht wider den
Willen des Vaters aus der väterlichen Gewalt scheiden sollen (vgl.
II. 2 § 230 und zitirte Entsch.). Es fragt sich daher, ob diese Be-
stimmung nicht auch heute noch bei Töchtern über 24 Jahre gilt.
Dies wird indessen richtiger zu verneinen sein. Denn das R.G.
läßt jetzt zu, daß Töchter über 24 Jahre sich auch ohne väterlichen
Konsens durch Heirath selbstständig stellen dürfen, und damit ist eine
Fortdauer der väterlichen Gewalt unvereinbar.
2) Hat ein Mädchen ohne Konsens der Mutter oder des Vor-
munds geheirathet, und die Ungültigkeit der Ehe wird nicht gerügt,
so bleibt das Vermögen der Frau bis zur Volljährigkeit dennoch
unter vormundschaftlicher Verwaltung (§§ 999. 980 d. T.; unrichtig
Koch Anm. 26 zu § 890), und der Ehemann erhält die Einkünfte
dieses Vermögens auch nur soweit, als dieselben nach dem Ermeffm
des vormundschaftlichen Gerichts zum standesgemäßen Unterhalt der
Frau nothwendig sind (§ 981). Es sind auch alle Zuwendungen,
welche die Frau ihrem Ehemanne in einem vor erreichter Volljährigkeit
gemachten Vertrage oder Testamente bestimmt hat, ungültig (§ 982).
Hat die Frau nach erreichter Volljährigkeit die Ehe fortbestehen lassen,
so wird dadurch das Testament für wirksam gemacht erachtet werden
können (Koch Anm. 25 zu § 982). Auch hängt es von dem freien

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