Volltext: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

592 Glossen zur Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich.
7) Eine stillschweigende Vereinbarung kann natürlich in der ver-
schiedensten Weise zu Stande kommen; ob sie besteht, ist quaestio
facti. Und zwar kann sie stillschweigend sowohl vorher für alle
zukünftigen Rechtsstreitigkeiten aus eurem bestimmten Verhältnisse,
als auch für den gegenwärtigen speziellen Rechtsstreit selbst geschehen.
Ein Fall letzterer Art wird in der C.P.O. besonders hervorgehoben:
wenn der Verklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur
Hauptsache mündlich verhandelt hat. Dies entspricht auch dem bis-
herigen Rechte, nur daß in dem gemeinrechtlichen und preußischen
(schriftlichen) Prozesse statt der mündlichen Verhandlung natur-
gemäß die Klagebeantwortung (Einlassrrng) der maßgebende Zeit-
punkt war.
Es wäre übrigens unrichtig, in dem § 89 nur eine Präsumption
zu ersehen, die also durch Gegenbeweis entkräftet werden könnte.
So war es allerdings nach gemeinem Recht. Hatte sich hier der
Verklagte dem inkompetenten Gericht lediglich aus Irrthum unter-
worfen, so trat die Regel ein: errantis nulla est volnntas; der
Schluß aus der Thalsache der freiwilligen Unterwerfung auf den
Willen, sich freiwillig zu unterwerfen, und somit auf einen stillschwei-
genden Prorogationsvertrag, wurde durch den dazwischen kommenden
Irrthum unmöglich gemacht, und es war ebendaher — da es sich
um einen Fall des von Savignp sog. unechten Zrrthums handelte,
wo der Irrthum nicht als solcher, sondern nur als Erkenntnißgrund
des mangelnden Willens in Betracht kommt — auch ganz gleichgültig,
ob der Irrthum ein entschuldbarer oder unentschuldbarer, ein thal-
sächlicher oder Rechtsirrthum war.
l. 15 D. (2, 1) (Ulpian): Si per errorem alius pro alio
Praetor fuerit aditus, nihil valebit, quod actum est; nec enim
ferendus est, qui dicat, consensisse eos in Praesidem, cum
(ut Julianus scribit) non consentiant, qui errent. Quid enim
tam contrarium consensui est, quam error, qui imperitiam
detegit?
Nach der preußischen A.G.O. war jedoch die gemeinrechtliche Prä-
sumption schon zu einer Fiktion verstärkt:
§ 160 A.G.O. I. 2: „Wenn ein Verklagter sich auf die Vorla-
dung des Gerichts, welches nicht das gehörige ist, gestellt und ohne
die Inkompetenz zu rügen, die Klage beantwortet hat, so muß er
diesen Gerichtsstand auch im Fortgang des Prozesses anerkennen und

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