Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

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zu den Besttztheorien von Rand« und Jhering.
Leihers, Erbpächters, Faustpfandgläubigers, Verwahrers,
Verwalters, Lehnsvasallen.
Es muß Widerspruch erwecken, daß unter diesem Verzeichniß der
Nichtbesitzer eine Anzahl solcher sich befindet, denen das römische
Recht ohne Bedenken Besitz zugesprochen hat. Die Annahme des
Sachbesitzes in diesen Fällen wird als römische Spezialität bezeich-
net, ja im §24 (S. 478) findet sich die Behauptung, daß die Mög-
lichkeit des Besitzes am Faustpfandrechte durchaus zu leugnen sei.
An der gedachten Stelle begegnet uns zwar die wohl nicht ganz
klare Unterscheidung zwischen Sachbesitz und Rechtsbesitz, doch dürfte
auch so in ihr der Vorwurf gegen das römische Recht liegen, daß
es das Unmögliche möglich gemacht hat. Es ist dies eine Folge
davon, daß Savigny seinen s. g. abgeleiteten Besitz als Abnor-
mität des Rechts bezeichnet, für welche die Römer keinen Namen
gehabt hätten (Savigny S. 121), daß, weil die römischen Fragmente
einmal nicht zu seinem Besitzbegriffe paffen, alle Mittel der Dialektik
aufgeboten werden, um den s. g. abgeleiteten Besitz als Ausnahme-
fall erscheinen zu lassen. Wird doch fast für jedes einzelne Rechts-
institut eine Geschichte erfunden, von der man in den Pandekten
nicht einmal die Ueberreste findetI7).
Was Savigny sich unter „abgeleitetem Besitz" vorgestellt hat,
dürfte wohl schwer zu ergründen sein, denn da nach S. 120 Note 1
von einer Sukzession in den Besitz auch hier nicht die Rede sein
soll, so ist der abgeleitete Besitz eben so sehr und eben so wenig ab-
geleitet, wie jeder andere. Der Savigny'sche animus domini enthält
Mar eine der einschneidendstell Lehren des Civilrechts, schlimm
aber ist es für sie, daß sie auch nicht ein einziges Quellenzeugniß
aufzuweisen hat. Die Römer verlangen bekanntlich in den Fällen,
wo sie überhaupt nothwendig ist, nicht die Absicht, Eigenthümer zll
sein, sondern nur die Absicht, die vollständige körperliche Herrschaft

n) Charakteristisch für seine ganze Besitztheorie ist die Aeußerung Mei-
scheider's S. 66:
„Die Abnormität gebe ich zu. Sie ist aber keine Besonderheit des Be-
sitzes des Sequesters, sondern eine solche des römischen Besttzschutzes
überhaupt."
Windscheid sagt S. 409 von den Fällen des s. g. abgeleiteten Besitzes: es find
dres Ausnahmen, in welchen aus juristischen Gründen als vorhanden angenom-
men wird, was in der That nicht vorhanden ist.
Beiträge, XXI. (III. F. I.) Jahrg. 3. 4. Heft.

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