Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 21 = 3.F. Jg. 1 (1877))

emes bürgerlichen Gesetzbuchs für Deutschland.

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fallen lasse, daß vielmehr die Entscheidung von Zweifeln oder Mängeln
an den Gesetzen durch die gesetzgebende Gewalt erfolgen solle. Der
so gebildete stabile Zustand konnte bei dem bald darauf eintretenden
Aufschwung der Wissenschaft und bei der rasch fortschreitenden Ent-
wickelung des Volkslebens, namentlich seit 1806 nicht erhallen bleiben.
Bereits 1817 wurde durch Königlichen Erlaß das Bedürfniß der
Revision des Landrechts anerkannt. Die beabsichtigte umfassende Er-
gänzungsgesetzgebung kam jedoch nicht zu Stande, sondern man half
durch einzelne Novellen nach. So sehr Bornemann die Mängel
von Spezialgesetzen anerkennt, so konstatirt er doch, daß durch das
Scheitern der Revision der Weg zu einem gemeinsamen deutschen
Rechtsganzen offen gehalten ist. Die Gründe Bornemann's für die
Rothwendigkeit der Rechtseinheit waren im Jahre 1856, da das
politische Band für die einzelnen deutschen Staaten im Verhältniß
zur jetzigen Zeit viel lockerer war, wesentlich aus der immer steigenden
Verkehrseinigung entnommen. Aber auch von dieser Grundlage aus
gelangt Bornemann zu folgenden Schlußresultaten:
1) Das Römisch-Justinianische Recht ist ein von dem wahren
Grundgedanken des Rechts, der freien Persönlichkeit und freien
Selbstbestimmung ausgehendes, in hohem Grade ausgebildetes,
in mehrfacher Beziehung jedoch von der vererbten römischen
Rechtsrichtung gefärbtes ju8 gentium.
2) Die Ueberschüttung unseres Rechtslebens durch das römische
Recht, welches unsere Vorfahren sich als Grundlage einer
neuen Rechtsschöpfung angeeignet haben, hat bei uns, wie in
anderen deutschen Staaten, nach einem langen vorbereitenden
Zeitraum mit Rothwendigkeit zu umfassenden Gesetzgebungen
geführt. Unter den damaligen, die einzelnen Staaten trennenden
Verhältnissen konnte nur durch solche Gesetzgebung das, was
das allmählich herausgearbeitete, geläuterte und gewachsene
deutsche Rechtsbewußtsein forderte, aus der römischen Verdeckung
und Verhüllung zum Durchbruch gebracht werden.
3) Den Mängeln der hiernach durchaus gerechtfertigten preußischen
Gesetzgebung, die theils bei der ungemein schwer zu lösenden
Aufgabe und Unvollkommenheit jedes menschlichen Werks von
Ansarrg an vorhanden waren, theils der rasch fortschreitenden
Rechtsentwickelung und dem derselben entsprechenden ausge-
bildeteren Rechtsbewußtsein gegenüber in der Folge sich her-

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