Full text: Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung (Bd. 63 = H. 125/126 (1844))

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widmet. Bei den Berathungen über die Strafprozeß-Ord-
nung verfehlten die allbekannten vermeinten Grundsteine
einer jeden Gesetzgebung, welche diesen Namen verdienen
soll, Geschworncn, Oeffentlichkeit, absolute Mündlichkeit
et cetera, nicht, ihre Ansprüche mit deren stereotypen Be-
weismitteln beharrlich anzumelden, machten jedoch auch in
Stuttgart die bisher in den übrige» Landern Deutschlands
gemachte Erfahrung, daß sie, der von mehreren Seiten,
besonders von Advokaten, erhaltenen lebhaftesten Unter-
stützung ungeachtet, nach gründlicher Prüfung in allen In-
stanzen abgewiescn wurden. Sie verschmähen aber be-
kanntlich keinen Weg, sich geltend zu machen, und klopfen
an Nebenthüren, wenn sie an der Hauptthür abgewiesen
sind. . Eine solche Ncbenthür bietet auch das Associa-
tions-System dar, nach welchem überhaupt dasjenige,
was bisher Attribution und Aufgabe des Staats war,
nunmehr nicht weiter vor die Regierung gehört, sondern
die Attribution und die Aufgabe einzelner, nach Belieben
aus lzuibusiibvt ex populo zusammengekommener Grup-
pen von Unterthanen (Associationen genannt) sein
soll, da diese die Intelligenz und Kraft der Negierungen
ergänzen, denselben die Sorgen der Gesetzgebung und
Verwaltung abnehmen und dabei auf und durch die
große Masse wirken sollen. Dies System hat in meh-
reren Ländern, z. B: in Frankreich, England, beson-
ders aber in Irland, sich so vollkommen kund gegeben,
daß es als bekannt vorausgesetzt werden, und Referent
sich füglich auf den jetzt zur Frage stehenden aufkeimen-
den jungen Sprößling desselben beschränken kann.
Was, nachdem es fast ein halbes Jahrhundert zum Ueber-
druß ausgepriesen und von allen deutschen Regierungen und
Stände-Versammlungen reiflich erwogen und verworfen
ist, muß auf jenem Wege geltend gemacht werden. Kaum
war die neue Würtembergische Straf-Prozeß-Ordnung im
Julius 1843 publicirt, als „die Rechtsanwälte des König-
reichs Würtemberg in Ulm eine Versammlung hielten, und -
, „in derselben unterm 21. August „den Beschluß faßten,"
eine allgemeine deutsche Advokaten - Versammlung, also
„alle Advokaten in ganz Deutschland, zusammen zu berufen,
„zum Zweck gesetzmäßiger (??) Thätigkeit und Mit-

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