Rintelen, Handbuch des österreichischen Konkurs- und Ausgleichsrechts. 893
nicht zur Ruhe gekommen ist, ist die der rechtlichen Stellung des Ver-
walters. Zn Wissenschaft und Rechtsprechung des deutschen Konkurs-
rechts wogt ebenso wie in der des österreichischen der Krieg zwischen
der sog. publizistischen und der Vertretungslehre hin und her. Rin-
telen entscheidet sich für die Ansicht, daß der Verwalter nicht ein
eigenes Amt ausübe, sondern daß er gesetzlicher Vertreter und zwar
der Gläubigerschaft sei. Er begründet dies (S. 62 ff.) mit der
Ausführung, daß die Masse nach dem Gesetze „zur gemeinschaftlichen
Befriedigung der persönlichen Gläubiger" des Gemeinschuldners verstrickt
sei, daß sie zu dem Zwecke „in Verwahrung und Verwaltung" genommen
werde, daß diese Gläubiger alle anderen Personen, soweit ihnen nicht
Ab- oder Aussonderungsrechte oder Masseansprüche zuständen, von der
Befriedigung aus diesem Vermögen ausschlössen und daß die Verwal-
tung im wesentlichen durch Verfügungshandlungen der Gläubigerschaft
ausgeübt werde, die ein Recht auf die Bestellung des Gläubigeraus-
schusses und dessen Mitwirkung habe. Diese Rechte der Gläubigerschast
in bezug auf die Verwaltung und Verwertung des Konkursvermögens
würden nach außen durch den Verwalter verwirklicht; er übe also Rechte
der Gläubiger mit Wirkung für sie aus und erscheine deshalb als ihr
Vertreter. Er führt hierfür im weiteren noch eine Reihe unterstützender
Gründe an und macht gegenüber der Meinung, die im Verwalter den
Vertreter des Gemeinschuldners erblickt, hauptsächlich gellend, daß
das Anerkenntnis des Verwalters für den Gemeinschuldner nur wirke,
wenn dieser die Forderung bei der „Liquidierungstagfahrt" — im
Prüfungstermine — nicht bestreite. Daß das Recht zur Anfechtung
von Rechtshandlungen, die vor der Konkurseröffnung vorgenommen
worden sind (§§ 27 ff. der österr. KO., §§29 ff. der deutschen), dem Gemein-
schuldner selbst überhaupt nicht zusteht, der Verwalter ihn hierbei also
nicht vertreten kann, daß dieser hierbei vielmehr ausgesprochenermaßen
nur und gerade ein Recht der Gläubigerschaft ausübt, erwähnt er
S. 63 Anm. 3 in diesem Zusammenhänge nur beiläufig. Jedenfalls
lassen sich — das möchte ich hier besonders hinzufügen — alle Befug-
nisse des Verwalters, die im übrigen für seine Eigenschaft als gesetz-
licher Vertreter des Gemeinschuldners angeführt zu werden pflegen,
auch aus der Aufgabe erklären, die ihm das Gesetz nach beiden Rechten
zumeist, die Masse, die allerdings dem Gemeinschuldner gehört, zur
gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger, also für diese,
zu verwalten und zu verwerten. Selbst sein Recht, die einzelnen
angemeldeten Forderungen wirksam zu bestreiten, also seine Betäti-
gung als eontracliötor im Sinne des früheren gemeinrechtlichen Konkurs-
prozesses, ist sehr wohl aus seiner Eigenschaft als Vertreter der Gläu-
bigerschaft als solchen, im Gegensätze zu der der einzelnen
Konkursgläubiger, abzuleiten. Die Lehre aber, daß der Verwalter
lediglich ein im öffentlichen Interesse geschaffenes Organ zur Durchführung
des Konkurszwecks sei, erklärt seine rechtliche Stellung zu den Betei-
ligten bei den verschiedenen ihm zugewiesenen Aufgaben überhaupt nicht,
enthält vielmehr gerade einen Verzicht darauf, eine solche Erklärung