Volltext: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Fahrlässige Unterlassung von Absperrungsmaßregeln.

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dem in der Nacht vorher frisch geölten Fußboden einen Unfall. Er
hat deshalb gegen den Beklagten Klage auf Schadensersatz erhoben.
Zn erster Instanz ist der Anspruch dem Grunde nach für gerecht-
fertigt erklärt, die Berufung des Beklagten ist zurückgewiesen. Der
Beklagte hat Revision eingelegt.
Entscheidungs gründe:
. . . Eine Haftung des Beklagten für den eingetretenen Schaden
läßt sich zunächst aus den Vorschriften des Haftpflichtgesetzes nicht
begründen; die hierauf bezüglichen Ausführungen des Berufungsurteils
sind zutreffend. Anderseits ist es zu billigen, daß der Berufungs-
richter eine Verpflichtung des Beklagten, für die erforderliche Verkehrs-
sicherheit zu sorgen und für einen Mangel an Sorgfalt in der Er-
füllung dieser Aufgabe einzustehen, daraus hergeleitet hat, daß er
in dem in Betracht kommenden Raume des Bahnhofs einen mehr
oder weniger allgemeinen Verkehr von Menschen eröffnet hat. Ob
der Beklagte unter den Umständen des vorliegenden Falles daneben
noch aus dem zwischen ihm und dem Kläger damals bestehenden
Vertragsverhältniffe zu solcher Sorgfalt verpflichtet war, wie der
Berufungsrichter annimmt, kann nach Lage der Sache dahingestellt
bleiben.
Dagegen kann dem Berufungsrichter in der Annahme nicht ge-
folgt werden, daß der Beklagte die ihm obliegende Pflicht zur Sorg-
falt verletzt habe. Der Vorfall ereignete sich dadurch, daß der Kläger
beim Verlaffen des Wartesaals auf dem Fußboden, der in der voraus-
gegangenen Nacht frisch geölt und auf dem das Hl noch nicht hin-
reichend eingetrocknet war, ausglitt und zu Fall kam. Da der Öl-
anftrich im Aufträge der Eisenbahnbehörde erfolgte, so hatte der Be-
klagte die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß bis zum genügenden
Eintrocknen des Öles der Verkehr des Publikums an der betreffenden
Stelle des Wartesaals durch geeignete Absperrungsmaßregeln ver-
hindert wurde. Das ist aber auch geschehen. Der mit der Aus-
führung des Ölanstrichs betraute Bedienstete hat den Teil des Warte-
saals, wo der Anstrich erfolgt war, von dem übrigen Raume derart
abgesperrt, daß er von dem Publikum nicht betreten werden konnte.
Erst dadurch, daß am nächsten Vormittage zu einer Zeit, als das
Öl noch nicht hinreichend eingetrocknet war, ein Angestellter des
Pächters der Bahnhofswirtschaft die Absperrung beseitigte und so
dem Publikum das Betreten dieses Teiles des Warlesaals ermöglichte,
Beiträge, 60. Zahrg. 5. Heft. 54

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