Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Von der qualitativen Unmöglichkeit beim Kaufe einer bestimmten Sache. 619

rechts als vorhanden angenommen werden könnte. Da nämlich der
§ 459 nur fordert, daß die Kaufsache im Zeitpunkte des Gefahr-
überganges mit einem Gewährsfehler behaftet war oder der zuge-
sicherten Eigenschaft ermangelte, so werden hiermit ausnahmslos alle
zutreffenden Fälle solcher Art mitumschloffen, gleichgültig in welchem
früheren Zeitpunkte oder aus welchem Grunde der Mangel
entstanden sein mochte, gleichgültig also auch, ob das Ergebnis schon
vor oder erst nach dem Vertragsabschluffe eintrat, und ob endlich
durch Zufall oder durch Verschulden des Verkäufers. Weiter
ist freilich auch zutreffend, daß schon das Gewährschaftsrecht dem
Käufer die Mittel bietet sowohl zur Preisminderung wie zur Be-
seitigung des Kaufgeschäfts (§ 462), wie endlich auch zum Schadens-
ersätze (§ 463), also zur Herbeiführung von Ergebnissen, zu denen
etwa auch die Rechtsbehelfe aus den §§ 323, 325 führen würden.
Demnach könnte es also in der Tat den Anschein haben, als wären
die Sonderregeln des Gewährschaftsrechts dazu angetan, das all-
gemeine Unmöglichkeitsrecht auszuschließen. Gleichwohl muß diese
Anschauung m. E. an der Erwägung scheitern, daß die Rechts-
behelfe des Unmöglichkeitsrechts (§§ 323, 325) mit denen des
Gewährschastsrechts sich in Wahrheit nicht decken, daß vielmehr
zwischen beiden wesentliche Unterschiede zu Tage treten, und zwar
zum Teil gerade zugunsten des Käufers, während aus nichts erhellt,
daß das Gesetz dem Käufer die Vorteile des Unmöglichkeitsrechts hat
entziehen wollen.
Bei Gebrauch der Minderung zunächst aus § 323 sowie der
Minderung oderdesRücktrittrechts aus §325 ist der Käufer insofern
beffer gestellt wie bei Geltendmachung der Minderung oder der Wandlung
aus § 462, als es zum Gebrauch der ersteren Rechtsbehelfe nur der
einseitigen Erklärung des Käufers bedarf, während der § 462 ihm
vorerst nur einen Anspruch auf Herabsetzung des Kaufpreises oder
auf Rückgängigmachung des Kaufes gewährt, so daß die wirkliche
Vollziehung der Minderung oder Wandlung noch das Einver-
ständnis des Verkäufers verlangt (§ 495). Die Minderung aus
§ 323 betätigt sich gegebenenfalls von selbst (§ 323 Abs. 1 Halbsatz 2).
Sehr beachtlich ist ferner, daß die Rechtsbehelfe des reinen Gewähr-
schaftsrechts unterschiedslos der kurzen Verjährung des § 477 unter-
liegen die Rechtsbehelfe der §§ 323,325 dagegen der dreißigjährigen. —
Am wenigsten kann hier an der Anwendbarkeit des § 325 gezweifelt
werden, da es sich bei ihm um Ansprüche aus einem Verschulden

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