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fett des Schiedsspruchs unabhängig davon ist, ob er sich in Überein-
stimmung mit den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes befindet.
Von dieser, aus seinem Zwecke sich ergebenden Eigenart des
Verfahrens wird denn auch der Vertrag zwischen den Parteien und den
Schiedsrichtern beherrscht, und hieran hat das Reichsgericht in ständiger
Rechtsprechung festgehalten. „Die Eigenartigkeit des Verfahrens be-
steht darin, daß die Parteien entsprechend dem Schiedsvertrag einem
Dritten die Funktion eines Richters über die zwischen ihnen streitige
Angelegenheit übertragen, den Schiedsrichter in die Stellung des vom
Staate bestellten Richters über sich erheben, und die von den Parteien
gewählte Person diese Stellung und Funktion übernimmt" (RG. 41, 255).
Bekanntlich hat dann das Reichsgericht in der Entsch. 65, 175 zwar
die entsprechende Anwendung des § 839 Abs. 2 BGB. als einer S ander -
Vorschrift auf den Schiedsrichtervertrag abgelehnt, aber ausgeführt, der
Schiedsrichter, dem die Streitteile gegen sich die Stellung eines ordent-
lichen Richters ohne weiteren Vorbehalt geboten hätten, sei bei der Aus-
richtung seiner Tätigkeit zu der Voraussetzung berechtigt, daß er für
seinen Schiedsspruch nicht über die Grenzen hinaus verantwortlich gemacht
werde, die der Verantwortlichkeit des Staatsrichters gesetzlich gezogen
feien. Die Streitteile, die die Berechtigung solcher Voraussetzung füg-
lich nicht verkennen könnten, müßten die Forderung gegen sich gelten
lassen, daß sie, wenn sie den Schiedsrichter ohne Vorbehalt bestellten,
stillschweigend in die beschränkte Haftung ihrerseits einwilligten und
durch den Vertrag mit ihm in Abweichung von der allgemeinen Rechts-
regel bestimmten. Diese Begründung aus einer stillschweigenden, vom
anderen Teile erkannten Voraussetzung ist gewiß äußerst bedenklich,
während nach allgemeinen Grundsätzen die entsprechende Anwendung
auch einer Ausnahmevorschrift aus der Gleichheit des Grundes gerecht-
fertigt werden konnte. Aber Teßmer leugnet überhaupt mit aller Ent-
schiedenheit jede Eigenart des Schiedsrichtervertrags, die darin bestehe,
daß die Parteien dem Schiedsrichter die Stellung des ordentlichen
Richters gegen sich geben. Der Bekämpfung des reichsgerichtlichen
Standpunkts ist ein großer Teil seines Buches gewidmet. Für ihn ist
der Schiedsrichtervertrag ein aus den Tatbeständen des Werkvertrags,
des Auftrags und der Vollmacht gemischter einheitlicher (!), aber kein
eigenartiger Vertrag. Teßmers sehr eingehende Ausführungen sind
wenig überzeugend. Sie verkennen den springenden Punkt, daß die
Gleichstellung des Schiedsspruchs mit dem Urteile gerade aus dem
Zwecke und der Aufgabe des Schiedsrichteramts zu folgern ist. Mit
dem Grundsätze: Nemo plus juris transferre potest quam ipse habet
(154) hat das nicht das Geringste zu tun. Die Beweisführung Teßmers,
die Parteien könnten dem Schiedsrichter nicht das Amt des Richters
gegen sich übertragen, da doch die Parteien die Stellung eines staat-
lichen Richters niemals inne hätten, ist so abwegig, daß sie einer Wider-
legung nicht bedarf. Die Ausführung, daß „der Spruch des Schieds-
richters nicht die Kraft eines rechtskräftigen Urteils habe, seine Wir-
kungen vielmehr diejenigen eines Vergleichs seien und sich auf das