Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

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Levin.

Rechtskonsulenten in die Rechtsberatung und Rechtsvertretung. Nur
hängt die Wirksamkeit dieser Schutzwehr wesentlich von den Volks-
anschauungen ab. Die Verhältnisse in England liegen so, daß
dort besondere gesetzliche Maßnahmen gegen nichtzünftige Rechts-
vertretung durchaus entbehrlich erscheinen. Dasselbe gilt von
Frankreich und Belgien. Die Agr6es, die von den Handels- und
Konsulargerichten neben den Advokaten und Anwälten als Partei-
vertreter zugelaffen werden, werden auch von den Friedensgerichten
gewöhnlich als solche zugezogen.42) Die besondere Stellung der
Gerichtsvollzieher hat es mit sich gebracht, daß ihnen vielfach die
Parteivertretung übertragen wurde. Dem ist bereits ein Gesetz vom
25. Mai 1838 durch Androhung von Geldstrafen entgegengetreten.
In den Niederlanden ist vor den Gerichten, vor denen kein An-
waltszwang besteht, die Vertretung durch Gerichtsvollzieher vielfach
üblich. Im übrigen haben sich Übelstände durch die Freiheit des
^aukvaarneivkrs" herausgebildet, vor denen gewarnt wird.^)
In vorbildlicher, durchgreifender Weise hat das österreichische
Recht die Stellung des Gerichts gegenüber den Rechtskonsulenten
bestimmt. § 29 Abs. 2 ProzeßO. vom 1. August 1915: Personen,
welche dem Richter als Winkelschreiber bekannt sind, dürfen weder
zur Verhandlung noch zu anderen Prozeßhandlungen als Bevoll-
mächtigte zugelassen werden. Eine Erweiterung des § 157 ZPO.
im Sinne dieser Vorschrift erscheint als eine gebieterische Notwendig-
keit. Wie eine Jahrhunderte alte Erfahrung beweist, glauben zahl-
reiche unserer Volksgenossen, wenn sie nicht von Gesetzes wegen ge-
zwungen werden, sich eines Anwalts zu bedienen, die gleiche Rechts-
hilfe ebenso gut und billiger bei Rechtskonsulenten erlangen zu
können. Das hat zu unerträglichen Übelständen geführt. Aus der
richtigen Erkenntnis heraus, daß der Beruf der Rechtsberatung not-
wendigerweise entarten muß, wenn er unbeaufsichtigt, wie ein freies
Gewerbe ausgeübt wird, sind Innungen entstanden, die sich gegen
unlautere und unfähige Personen zusammenschließen wollen. So
anerkennenswert diese Bestrebungen sind, so wird doch auf die Dauer
ohne die allein folgerichtige Regelung des österreichischen Rechtes nicht
auszukommen sein. Gerade die Verordnung vom 9. Sep-
tember 1915 bietet allen Anlaß, der Frage eine erneute
und gründliche Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das hat
42) Claafsen u. Errera bei Löwenfeld-Reuling 1,191.
") Asser bei Löwenfeld-Leske (1901) 3, 369 Anm. 2.

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