Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Die Entlastungsverordnung vom 9. September 1915.

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sich am Gerichtsorte mehr als zwei Rechtsvertreter befinden, die
Partei einen öffentlichen Vertreter annehmen.3^)
Art. 94 der rumänischen Zivilprozeßordnung bestimmt, daß
entweder die Partei selbst oder ein von ihr unmittelbar bevoll-
mächtigter Advokat vor Gericht erscheinen muß, so daß, wenn ein
Advokat nicht von der abwesenden Partei selbst bestellt ist, der Gegner
verlangen kann, daß das Gericht sie als abwesend behandle?«)
Griechenland, das gleichfalls einen Anwaltszwang nicht
kennt, bestimmt im Art. 91 seiner Prozeßordnung vom 2. April 1834:
Jede Partei oder ihr Stellvertreter ist nach Artt. 74—76 berechtigt,
alle Gerichtshandlungen persönlich vorzunehmen, will sie dieselben
aber durch einen Bevollmächtigten vernehmen laffen, so kann sie dazu
nur bestellen: 1. ihren Ehegatten, ihre Verwandten in aus- und ab-
steigender Linie ohne Unterschied des Grades, Geschwister und deren
Schwäger oder 2. Streitgenoffen oder 3. Anwälte.39) In Handels-
sachen kann jedoch vor den Bezirks- und Appellgerichten jeder prozeß-
fähige Inländer zum Bevollmächtigten ernannt werden; ebenso in
jeder Sache vor den Friedensgerichten, wenn am Orte des Gerichts
nicht mehr als fünf Anwälte tätig fittb.39)
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika gilt
der Grundsatz, daß jeder Prozeßfähige seine Sache in allen Instanzen
völlig frei führen kann. Andererseits ist außer vor den Friedens-
gerichten sowie in Fällen, in denen Rechte von Minderjährigen in
Frage stehen (für die dann jeder Dritte als noxt trionä oder
proedain ami auftreten kann), die Vertretung durch andere Per-
sonen als Anwälte unstatthaft; in County courts und anderen durch
örtliche oder sachliche Zuständigkeit engbegrenzten Gerichten nur
dritte Personen, denen zu diesem Zwecke besondere Genehmigung
erteilt wird.^)
In den Ländern des Anwaltszwanges tritt die gleiche Energie
in der Bekämpfung unberufener Rechtsvertreter im allgemeinen nicht
zutage. Das Vorhandensein eines öffentlich bevorrechtigten Anwalts-
standes ist an sich eine gute Schutzwehr gegen das Eindringen von

87 *) Georgevitsch a. a. O. 208. 3a) Flaischlen a. a. Q. 138.
88) C. L. v. Maurer, Das griechische Volk in öffentlicher, kirchlicher und
privatrechtlicher Beziehung (1835) 3, 640.
40) Dr. v. Streit und Dr. Diobouniotis bei Löwenfeld-Leske 24.
41) William Bocke, Handbuch der Rechtspflege in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika (1891) 13 ff.
Beiträge, 60. Zahrg. l. Heft.

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