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Aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.
Entscheidungs gründe:
Der Beklagte war auf I. Oktober 1914 von Kiel nach Berlin
versetzt und hat darum durch Mietvertrag vom 25. Zuli 1914 vom
Kläger eine Wohnung in Berlin für die Zeit vom 1. Oktober 1914
bis 1. Oktober 1916 gemietet. Durch Schreiben des Staatssekretärs
des Reichsmarineamts vom l 7. August 1914 wurde dem Beklagten
eröffnet, daß seine Versetzung „mit Rücksicht auf den Kriegszustano
bis auf weiteres aufgehoben wird"; er kündigte daraufhin am
22. August 1914 unter Anrufung des tz 570 BGB. die gemietete
Wohnung zum 1. Januar 1915.
Der Kläger forderte Feststellung, daß die Kündigung unwirksam
fei und der Mietvertrag vom 25. Juli 1914 zum 1. Januar 1915
nicht aufgelöst werde.
Das Landgericht hat zugesprochen, der Berufungsrichter ab-
gewiefen.
Der Revision muß der Erfolg versagt werden.
Der Berufungsrichter erachtet zunächst die Verfügung vom
17. August 1914 für eine Versetzung im Sinne des § 570, nämlich
für eine Rückversetzung, durch welche dem Beklagten die Dienststelle
in Kiel, statt deren er kraft der Versetzung ab 1. Oktober 1914
eine Dienststelle in Berlin übernehmen sollte, für diese Zeit ab
1. Oktober 1914 wieder übertragen worden ist. Diese Auffassung
trifft zu; einen andern Sinn können die deutlichen Worte „die Ver-
setzung wird bis auf weiteres aufgehoben" nicht haben.
Auch die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 570 liegen vor.
Die Versetzung nach Berlin war noch nicht vollzogen; Berlin war
lediglich der zukünftige „andere Ort", in dem als seinem zu-
künftigen Wohnorte der Beklagte infolge seiner Versetzung wohnen
sollte und mußte. Diese zukünftigen Beziehungen des Beklagten
sind durch' die Rückversetzung aufgehoben und dadurch zu vergangenen
geinacht worden: nunmehr war vom Gesichtspunkte der Rückversetzung
aus Kiel der „andere Ort" und Berlin der „bisherige Wohnort"
des Beklagten, nämlich für die zukünftige Zeit ab 1. Oktober 1914,
gemessen an der durch die Versetzung für diese Zukunft getroffen
gewesenen Regelung. Der Wortlaut „Versetzung nach einem andern
Orte" und „an dem bisherigen Wohnorte" bedeutet nicht nur
den Gegensatz zwischen der gegenwärtigen Wirklichkeit und der Zu-
kunft, sondern umfaßt auch den Gegensatz zwischen der Zukunft, wie
sie zunächst durch die Versetzung geordnet war, und der Zukunft,